AMERICAN PIE : Geld ist doch nicht alles
BASEBALL Der große Dünne mit dem harten Wurf: Vor den heute beginnenden MLB-Playoffs scheint Tim Lincecum zum Star prädestiniert
Geld, heißt es, schießt keine Tore. Die Weisheit wird in dieser Spielzeit von Bayern München eindrücklich nachgewiesen. Im Baseball werden zwar keine Tore geschossen, sondern Runs erzielt, aber auch hier gilt der Spruch – und doch wieder nicht.
Für die heute beginnenden Playoffs haben sich zwar die stets erfolgreichen New York Yankees qualifiziert, aber eben auch die Texas Rangers. Der Branchenprimus von der Ostküste zahlt an seine Profis in diesem Jahr über 206 Millionen Dollar an Gehältern aus. Die Rangers dagegen müssen mit einem Viertel dieser Summe auskommen. In keiner anderen großen Liga sind die Unterschiede zwischen Arm und Reich so gewaltig wie in der Major League Baseball (MLB), nirgendwo aber wird auch so deutlich, dass man mit Geld allein den Erfolg nicht kaufen kann.
Das ist eine Erkenntnis, die in dieser Saison vor allem in New York illustriert wurde. Die reichen Yankees qualifizierten sich ohne große Probleme für die Playoffs, die kaum weniger betuchten Stadtrivalen dagegen scheiterten kläglich. Die New York Mets, obwohl ausgestattet mit der fünftteuersten, einer 133 Millionen Dollar schweren Gehaltsliste, vermittelten ihren Fans nie das Gefühl, um den Titel mitspielen zu können. Daraus zogen die Besitzer nun die Konsequenzen und feuerten nicht nur den Cheftrainer Jerry Manuel, sondern auch gleich noch den für die Zusammenstellung des Kaders zuständigen General Manager Omar Minaya.
Dabei besitzen beide Klubs doch eigentlich vergleichbare wirtschaftliche Voraussetzungen. Beide sind kürzlich in schicke neue Stadien einzogen, die dank Luxuslogen, Parkplatzbewirtschaftung und Shopping-Zeilen noch größere Einnahmen versprechen. Die Yankees haben zwar eine ruhmreichere Tradition und machen schon traditionell den größten Umsatz aller Klubs, aber die Mets sind längst zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz gewachsen – jedenfalls wirtschaftlich. Doch sportlich hinkte man dem Lokalrivalen zuletzt deutlich hinterher: Die Yankees haben nun zum 15. Mal in 16 Jahren die Playoffs erreicht, in die nur acht von 30 MLB-Teams einziehen. Die Mets dagegen haben seit 2006, als man beinahe die World Series erreicht hätte, trotz erheblicher Investionen die K.o.-Runde stets deutlich verpasst.
Dort scheint nun für die verblieben acht Teams alles möglich. Als gar nicht so geheimer Favorit gelten die San Francisco Giants. Die haben eine zwar nur halb so teure Mannschaft wie die Yankees, aber die scheint besser auf die Playoffs vorbereitet. Gilt doch dort tatsächlich eine andere, alte Weisheit, nämlich die von der Offensive, mit der man Spiel gewinnt, während man mit der Defensive die Titel holt.
Kein anderes Team entspricht dieser Philosophie so sehr wie die Giants. Runs zu erzielen, damit quält sich das Team regelmäßig. Dafür aber ist das Pitching sensationell. Star der Mannschaft ist Tim Lincecum. Der langhaarige 26-Jährige wird „The Freak“ genannt, weil er für einen Pitcher erstaunlich schmal gebaut ist, aber einen Baseball trotzdem auf über 150 Stundenkilometer beschleunigen kann. Vor allem aber wirft Lincecum einen unglaublichen Kurvenball: Der vollführt eine solch dramatische Richtungsänderung, dass die Gegner reihenweise am Ball vorbeischlagen.
Dafür wurde sein Gehalt in diesem Jahr von zuvor 650.000 Dollar auf 10 Millionen aufgestockt. Geld schießt also vielleicht keine Tore, aber kann doch offensichtlich ganz prima Runs verhindern. THOMAS WINKLER