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Archiv-Artikel

ALS TOP-SUPERST-EMANZIPIERTE FEMINISTIN HAT MAN’S ECHT SCHWER Das hätte ich nicht von dir erwartet!

JACINTA NANDI

Jacinta Nandi ist nicht dein echter Name?“, fragt sie. „Das ist ein Künstlername?“

„Nein“, sage ich. „Das ist mein Mädchenname.“

„Du hast den Namen geändert? Als du geheiratet hast? Das hätte ich nie erwartet.“

Ich schäme mich. Ich meine, ich schäme mich nicht wirklich. Ich schäme mich nicht so wie damals, als ich Ryan zu spät in die Kita brachte und wir liefen rein in den Morgenkreis und er rief: „Ich weiß, was man tun muss, wenn man Top Model sein will! Ein Eierlauf!“ Ich schäme mich nicht so, wie ich mich dafür schäme, dass ich, nachdem ich die Petition gegen die sexy Page-Three-Mädchen bei The Sun unterzeichnet hatte, über ein Bild von Linda Lusardi masturbierte. Aber ich schäme mich schon. Ein bisschen.

„Ja, ich weiß“, sage ich.

„Ich hätte das einfach nie erwartet. Du redest den ganzen Tag lang über Feminismus, aber hast selbst den Namen geändert.“

Ich nicke. Die Wahrheit ist, ich glaube nicht, dass ich so superfeministisch bin, wie alle denken. Denn: Ich liebe Männer und will denen gefallen, und zwar allen, und finde, dass Frauen doch oft ziemlich lustig und intelligent sein können. Aber weil die Welt so superfrauenfeindlich ist, meinen die Menschen, dass jemand, der Vergewaltigung total scheiße und Frauen oft ziemlich lustig und intelligent findet, superemanzipiert wäre. Es ist so, als ob die Worte meinen Mund verlassen und in den Ohren der Menschen ankommen als: „Ich hasse Männer und ihre Penisse, die ich gerne abschneide und im Omelett zum Frühstück brate!“ Das sagt mehr über die Frauenfeindlichkeit der Gesellschaft aus als über mich.

Trotzdem schäme ich mich ein bisschen, dass ich meinen Namen geändert habe. Das war voll schwach und weiblich und aufopfernd und so. „Das war nicht meine Schuld!“, sage ich.

„Hey“, sagt Leonie. „Es geht nicht um Schuld. Ich bin etwas irritiert, das ist alles.“

„Als ich schwanger war“, sage ich, „wusste ich, dass das Kind von mir war. Ich spürte das in meinem Körper, ne. Es war eigentlich ein kleines bisschen eklig, so zu fühlen, als ob ein anderer Mensch in mir wächst. Aber ich wusste voll, dass das mein Kind wäre. Und ich guckte meinen Exmann an, und ich dachte: es gibt keinen Grund, weshalb er denken soll, dass das Kind von ihm kommt. Überhaupt keinen Grund.“

„Und deswegen wolltest du dem Kind seinen Namen geben.“

„Ja, ich wollte den Kleinen abstempeln mit dem Namen seines Vaters. Und außerdem ist Nandi voll der Pornstar-Name, oder?“, sage ich.

DIE FÜNFTAGEVORSCHAU | KOLUMNE@TAZ.DE

Mittwoch

Matthias Lohre

Konservativ

Donnerstag

Margarete Stokowski

Luft und Liebe

Freitag

Meike Laaff

Nullen und Einsen

Montag

Anja Maier

Zumutung

Dienstag

Deniz Yücel

Besser

„Ist schon ein lustiger Name!“

„Aber ich wollte den Namen meines Sohnes haben. Und deswegen habe ich ihn geändert.“

„Aber heute würdest du anders entscheiden, oder?“, fragt Leonie.

„Oh ja“, sage ich. „Total anders.“ Natürlich. Wenn ich noch mal heirate, um hinterher mit dem Kind allein zu sein, wird es nicht mehr genug Platz geben bei dem Briefkasten. Allein deswegen würde ich mich heute anders entscheiden müssen. Aber das sage ich Leonie nicht. Ich will meinen Ruf als top-superst-emanzipierte Feministin nicht noch mehr zerstören.