70. Jahrestag der Wannsee-Konferenz: Historiker wagen Theater-Experiment
Zum 70. Jahrestag der Wannseekonferenz am 20. Januar machen Forscher aus dem Protokoll des NS-Treffens ein Theaterprojekt. Eine Tagung diskutiert die Bedeutung der Konferenz für Fortgang des Holocaust
![](https://taz.de/picture/233053/14/gleis17_0633_01.jpg)
Eine Unwägbarkeit gibt es noch bei den Vorbereitungen der Feierlichkeiten: Amtiert am 20. Januar, dem 70. Jahrestag der Wannseekonferenz, noch ein Bundespräsident, der die Gedenkstätte "Haus der Wannseekonferenz" gemeinsam mit dem israelischen Ministerpräsidenten besuchen kommt? "Wir gehen zunächst mal davon aus, dass Christian Wulff dann noch im Amt ist", sagte Gedenkstätten-Leiter Norbert Kampe am Montag bei der Vorstellung des Programms zum Jahrestag. Einen Plan B habe man jedenfalls nicht.
Am 20. Januar 1942 trafen sich in der Villa am Großen Wannsee, die damals als SS-Erholungsheim diente, 15 ranghohe Vertreter von Ministerien, Partei und Sicherheitsdienst, um die Durchführung des Völkermords an den europäischen Juden zu planen. Die Bedeutung dieser Konferenz für den Holocaust sei unter Historikern allerdings bis heute umstritten, erklärte Peter Klein, Mitarbeiter der Gedenkstätte. Die Kontroverse, ob das Wannsee-Treffen eher am Ende eines bereits beschlossenen Vernichtungskonzepts stand oder ob es eine Rolle bei dessen Entwicklung spielte, soll eines der Themen sein auf einer Historikerkonferenz am 20. und 21. Januar.
Einen unkonventionelleren Zugang zum Thema wagt das Dokumentar-Theater-Projekt "Die Wannsee-Konferenz", das am 22. Januar in der Gedenkstätte Premiere hat. Dafür haben 15 Historiker die Lebensläufe der 15 Konferenzteilnehmer studiert und daraus eine Performance mit "wissenschaftlichem Blick" gemacht, wie Regisseur Christian Tietz erklärte. Das Projekt sei der "Versuch einer Annäherung, ohne zu glauben, diese 15 Leute stehen vor mir". Die Historiker stellten Fragen an das Protokoll von Adolf Eichmann, dem zentralen Dokument der Konferenz. Wie diese dauert das Doku-Theaterstück 90 Minuten und beginnt zur selben Tageszeit - um 12 Uhr mittags. "So kann sich jeder Einzelne, mit einem Blick auf den Großen Wannsee, vielleicht an einem ausgesprochen schönen Tag, um die Mittagszeit einen Stuhl in diesen Raum stellen und überlegen, wie hier 15 Menschen den Tod von 11 Millionen Menschen besprachen und organisierten - und anschließend frühstückten", schreiben Tietz und die Dramaturgin Kalliniki Fili im Begleitheft zum Projekt.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart