3,28 Millionen Joblose im Mai: Aufschwung verliert an Kraft
Die Frühjahrsbelebung auf dem Jobmarkt fällt relativ schwach aus. Zwar nimmt die Beschäftigung noch zu - doch immer mehr Leute nehmen Nebenjobs oder Zeitarbeit an.
Mehr Nebenjobber, mehr Zeitarbeiter: Das ist die Bilanz des aktuellen Jobmarktberichts, der am Donnerstag von der Bundesagentur für Arbeit (BA) vorgelegt wurde. Die Zahl der Erwerbslosen ist demnach im Mai um 131.000 auf 3,28 Millionen gesunken. Das war in diesem Monat ein vergleichsweise schwacher Rückgang. Die Zahl der Arbeitslosen erreichte aber dennoch den niedrigsten Stand seit knapp 15 Jahren.
Frank-Jürgen Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), erkannte am Donnerstag daher weiterhin eine positive Grundtendenz auf dem Arbeitsmarkt. "Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten wächst weiter", betonte Weise. Die jüngsten Zahlen dazu stammen vom März. Danach stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahresmonat um 2,4 Prozent beziehungsweise um 631.000 Stellen. Mehr als die Hälfte davon seien Vollzeitstellen, hieß es.
Erheblich stärker, nämlich um 9,1 Prozent, stieg die Zahl von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die nebenbei noch einen Minijob ausübten. Dies bestätigt die Beobachtung von Arbeitsmarktforschern, dass es einen Trend zum Zweitjob gebe. Wer bereits über einen Teilzeitjob krankenversichert ist, bekommt mitunter mehr "netto" heraus, wenn er oder sie zusätzlich nur einen 400-Euro-Job hat.
Wie auch in den Monaten zuvor legten vor allem die unternehmensnahen Dienstleistungen in der Beschäftigung zu, darunter fallen zum großen Teil ZeitarbeiterInnen. Aber auch im Gastgewerbe gibt es wieder mehr Jobs sowie bei Verkehr und Nachrichtenübermittlung.
Der gemeldete Stellenbestand hält sich laut Bundesagentur für Arbeit auf "hohem Niveau", allerdings mit rückläufiger Tendenz. So ist das Angebot an sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen im Mai saisonbereinigt um 3.000 zurückgegangen.
Bundesarbeitsminister Olaf Scholz (SPD) erklärte zum neuen Bericht: "Die Zahlen zeigen: Wir sind auf dem richtigen Weg. Das Ziel heißt Vollbeschäftigung."
BA-Chef Weise sprach sich dagegen aus, künftig auch Teilnehmer an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen als arbeitslos auszuweisen. Die BA weise diese Gruppen klar in ihrem Monatsbericht aus. Dadurch sei ausreichend Transparenz hergestellt. Der stellvertretende Verwaltungsratschef der BA, Peter Clever, plädierte hingegen dafür, auch die rund 250.000 Menschen in Qualifizierungsprogrammen und die mehr als 300.000 Menschen in Beschäftigungsmaßnahmen in der Erwerbslosenstatistik zu erfassen. Eine solche Rechnung würde "ein Stück mehr Ehrlichkeit" bringen, sagte Clever, der auch Mitglied der Geschäftsführung in der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ist. Debatten um die Arbeitslosenstatistik hatte es zuletzt im Jahr 2005 gegeben, als mit der Einführung der Hartz-IV-Gesetze die Erwerbslosenzahlen in die Höhe schossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los