20. Jahrestag des Tiananmen-Massaker: China setzt Aktivisten unter Arrest
Totschweigen, Internetzensur und Polizeikontrollen dominieren den 20. Jahrestag des Tiananmen-Massakers in Festland-China - anders im autonomen Hongkong.
PEKING/BERLIN taz | Am 20. Jahrestag des Tiananmen-Massakers herrschte gestern auf Pekings Platz des Himmlischen Friedens buntes Treiben. Chinesische Touristengruppen zogen über den Platz zwischen Kaiserpalast und Mao-Mausoleum. Um Demonstrationen im Keim zu ersticken, beobachteten Hunderte Polizisten in Uniform und Zivil die Menge. An den Zugängen wurden Besucher kontrolliert und ausländische Journalisten abgewiesen.
Dissidenten im Ausland hatten dazu aufgerufen, zum Zeichen der Trauer weiße oder schwarze Kleidung zu tragen. Die meisten Passanten trugen jedoch farbige Kleidung. Zur Verstärkung der Polizei waren im Stadtzentrum Bewohner mit roten Armbinden als "Freiwillige Ordner" postiert. An Kreuzungen wachten Polizeiwagen. Im Internet waren zahlreiche Webseiten und Foren blockiert. Wer bei YouTube Videos von 1989 sehen wollte, scheiterte. Auch die Fotoseite Flickr war gesperrt.
Die chinesischsprachigen Medien ignorierten den Jahrestag. Das englischsprachige KP-Organ Global Times, das sich an Ausländer richtet, schrieb über den "Zwischenfall" am 4. Juni 1989: "Die Chinesen, vor allem die jungen, sind politisch apathischer geworden. Bildung, Krankenversicherung und Beschäftigung gehören heute zu den Prioritäten."
Die Behörden zwangen nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen über 60 Bürgerrechtler, Anwälte und Aktivisten von 1989, an diesem Tag zu Hause zu bleiben oder die Stadt zu verlassen.
Im autonomen Hongkong gedachte dagegen eine Rekordzahl der gewaltsamen Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung. 150.000 nach Angaben der Veranstalter. Zum zehnten Jahrestag waren es 70.000 gewesen, in anderen Jahren meist um die 40.000. Wegen des Andrangs begann die jährliche Demonstration mit Kerzen im Victoria-Park mit Verspätung. "Ich bin sehr beeindruckt", berichtete ein Teilnehmer der taz. In der früheren britischen Kolonie ist das Gedenken ein Gradmesser für die von Peking zugestandene Autonomie. Einige im Exil lebende chinesische Dissidenten durften jedoch jetzt nicht nach Hongkong einreisen.
Auch in Taipeh, der Hauptstadt Taiwans, gedachten mehrere hundert Menschen. Taiwans Peking-freundlicher Präsident Ma Ying-jeou forderte Chinas Regierung auf, "dieser schmerzhafte Periode der Geschichte mutig ins Gesicht zu sehen und sich nicht vor ihr wegzuducken". US-Außenministerin Hillary Clinton forderte von Peking, die Namen der Opfer des Militäreinsatzes zu veröffentlichen und die restlichen Gefangenen freizulassen. Chinas Außenamtssprecher Qin Gang sagte, Peking sei "sehr unzufrieden" über die "grundlosen Anschuldigungen".
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