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Archiv-Artikel

17 jahre: eine kleine baugeschichte des holocaust-mahnmals

2.711 Betonstelen und ein unterirdischer „Ort der Information“ werden künftig in der Mitte Berlins als Gedenkstätte für die ermordeten Juden Europas dienen. Über das Holocaust-Denkmal wird seit bald 17 Jahren debattiert. Eine Chronik:

1988: Die Fernsehjournalistin Lea Rosh greift im August eine Idee des Historikers Eberhard Jäckel auf und regt erstmals öffentlich an, eine zentrale Holocaust-Gedenkstätte auf dem Gelände der ehemaligen Reichskanzlei in Berlin zu errichten. Im Land der Täter müsse endlich ein „weithin sichtbares Zeichen“ für die Opfer der Nazidiktatur gesetzt werden, so Rosh. Im September wird ein Förderkreis gegründet.

10. März 1992: Die Bundesregierung beschließt, ein Mahnmal für die sechs Millionen Opfer des Völkermords an den Juden zu bauen.

April 1992: Die Bundesregierung und der inzwischen gegründete „Förderkreis zur Errichtung eines Denkmals für die ermordeten Juden Europas“ einigen sich auf das Gelände südlich des Brandenburger Tores und nördlich des Führerbunkers, das bis 1989 Teil der DDR-Grenze und ihres Todesstreifens war.

Juni 1995: Auf eine Ausschreibung gehen über 500 Vorschläge ein. Die Jury vergibt zwei erste Preise und spricht sich für den Entwurf der Berlinerin Christine Jackob-Marks aus. Er sieht eine 100 mal 100 Meter große Grabplatte mit 4,5 Millionen Namen ermordeter Juden vor (kleines Foto). Nach Einsprüchen des Zentralrats der Juden bezeichnet Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) den Entwurf von Jackob-Marks „als nicht akzeptabel“ und fordert eine neue Diskussion. Der Berliner Senat verschiebt seine Entscheidung über den Bau wegen der bevorstehenden Wahl auf 1996.

November 1997: In einem neuen Wettbewerb, zu dem 25 international bekannte Architekten und Bildhauer eingeladen wurden, können sich vier Finalisten durchsetzen. Favorit ist der Entwurf des Architekten Peter Eisenman und des Bildhauers Richard Serra für ein Stelenfeld. Der Bundestagswahlkampf verhindert jedoch eine Entscheidung.

20. Oktober 1998: SPD und Grüne einigen sich im Koalitionsvertrag darauf, den Bundestag über das Mahnmal entscheiden zu lassen.

Januar 1999: Kulturstaatsminister Michael Naumann (SPD) und Peter Eisenman präsentieren einen geänderten Entwurf, der zusätzlich zum Stelenfeld ein Museum, eine Bibliothek und eine Forschungsstätte vorsieht. Richard Serra hat sich inzwischen aus dem Projekt zurückgezogen.

25. Juni 1999: Der Bundestag entscheidet sich für das Stelenfeld und einen ergänzenden „Ort der Information“. Er setzt eine Stiftung ein, die den Bau des Mahnmals verwirklichen soll.

27. Januar 2000: Der ursprünglich für diesen Tag geplante Baubeginn am Holocaust-Gedenktag kann nicht eingehalten werden.

März 2000: Das Kuratorium beschließt, die Berliner Ausstellungsgestalterin Dagmar von Wilcken mit der Ausarbeitung eines gestalterischen Konzepts für den „Ort der Information“ zu beauftragen.

November 2000: Der Bundestag bewilligt für den Bau einen Betrag von umgerechnet 27,6 Millionen Euro.

Sommer 2002: Der Baubeginn verzögert sich immer wieder, erst wegen Streits um Sicherheitsvorkehrungen, dann stellt sich heraus, dass die Berliner Bauverwaltung bei der Ausschreibung für den Bau der Stelen Fehler gemacht hat. Die Ausschreibung wird wiederholt.

April 2003: Baubeginn. Im August stehen die ersten zehn Stelen.

25. Oktober 2003: Wegen der Verwendung eines Schutzmittels der Firma Degussa für die Stelen bricht eine neue Debatte über das Mahnmal aus. Während der NS-Zeit hatte eine Degussa-Tochter das für den Völkermord verwendete Gift Zyklon B hergestellt. Die Mahnmal-Stiftung verhängt einen Baustopp bis zur Klärung der Degussa-Beteiligung.

13. November 2003: Das Stiftungskuratorium beschließt, den Graffitischutz von Degussa weiterhin zu verwenden. Es drohen Zusatzkosten von zwei Millionen Euro, außerdem ist der Zeitplan gefährdet.

Februar 2004: Peter Eisenman wird wegen eines Witzes über das Zahngold von Holocaust-Opfern heftig kritisiert.

15. Dezember 2004: Die letzte der 2.711 Stelen wird gesetzt. EPD, DDP