100 tage schwarz-rot : Großkoalition schadet NRW-SPD
Jochen Dieckmann und Matthias Platzeck sollten sich zusammen tun. Die Chefs der Landes- und Bundes-SPD sind bisher die großen Verlierer nach 100 Tagen große Koalition. Während der so glorios ins höchste SPD-Amt gestartete Ost-Ministerpräsident mittlerweile offen um Führungsstärke und Wichtigkeit in der Regierungspartei kämpfen muss, kommt die Misere des NRW-SPD-Vorsitzenden unauffälliger daher. Dabei durchkreuzen die ersten 100 Tage der SPD als Juniorpartner unter Angela Merkel die – isoliert gesehen klugen – Wiederaufbaupläne Dieckmanns für die nach dem Machtverlust weiterhin orientierungslose Landespartei. Behutsam, moderierend, langsam wollte Dieckmann den sozialdemokratischen Neustart an Rhein und Ruhr organisieren. Bis zu den nächsten NRW-Wahlen 2009/2010 sollte eine revitalisierte Partei erkennbar werden. Doch der betuliche Plan geht nicht auf. Die SPD steckt (wieder einmal) in der Krise.
KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER
In Umfragen liegt die SPD bei 28 Prozent, die Parteibasis leidet unter der plötzlich populären CDU-Kanzlerin Angela Merkel – einige trauern Ex-Kanzler Gerhard Schröder nach. Die Politik der Großkoalition missfällt dem Parteivolk. Das SPD-Regierungspersonal in Berlin kann kein neues Vertrauen aufbauen. Technokratisch und ohne echte Rückkopplung mit ihrem Landesverband exekutieren die beiden wichtigsten SPD-Minister ihre Politik.
Der als NRW-Ministerpräsident gescheiterte Finanzminister Peer Steinbrück lässt Imageberater anwerben, statt seine Kürzungspolitik vor Ort in seiner Politheimat NRW zu erklären. Franz Münteferings Vorgehen bei der Rente mit 67 frustriert Befürworter und Gegner einer demographisch notwendigen Reform. Dieckmann und Platzeck sind angetreten, die Basta-Politik in der SPD zu beenden. Der Politikstil von Ministern wie Müntefering und Steinbrück läuft dieser Strategie zuwider. Das schadet auch und besonders der NRW-SPD.