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Spendenskandal in FrankreichBettencourt-Affäre fordert Bauernopfer

In der Affäre um illegale Parteispenden sieht sich Frankreichs Staatspräsident als Opfer einer "Verleumdungs-Kampagne". Sein Schatzmeister Eric Woerth ist inzwischen zurückgetreten.

PARIS apn / afp / dpa | Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat sich am Montagabend gegen den Vorwurf der illegalen Wahlkampffinanzierung verteidigt. Dem Fernsehsender France 2 sagte er, die Behauptungen seien bewusst zu einem Zeitpunkt aufgekommen, zu dem seine Regierung eine schwierige Reform angehe, bei der das Rentenalter von 60 auf 62 Jahre angehoben werden soll. Sarkozy bezeichnete die Vorwürfe als "Verleumdung, eine Kampagne", um seine Regierung zu diskreditieren.

Frankreichs Arbeitsminister Eric Woerth, dem ebenfalls illegale Parteienfinanzierung vorgeworfen wird, hat inzwischen angekündigt, seinen Posten als Schatzmeister der Regierungspartei UMP aufzugeben. Das kündigte Woerth am Dienstag in Paris nach einer Kabinettssitzung an. Woerth steht unter anderem im Verdacht, für den Wahlkampf von Präsident Nicolas Sarkozy im Frühjahr 2007 eine rechtswidrige Spende in Höhe von 150.000 Euro von der reichsten Frau Frankreichs angenommen zu haben, der L'Oréal-Hauptaktionärin Liliane Bettencourt. Der Minister, ein enger Vertrauter des Staatschefs, bestreitet dies vehement.

Sarkozy hatte seinem Minister am Sonntagabend empfohlen, sich aus dem Amt des Schatzmeisters zurückzuziehen. In einem großen Fernsehauftritt am Montagabend verteidigte der Präsident zwar erneut den Minister und sagte, ein Bericht der Finanzdirektion habe Woerth vom ebenfalls gegen ihn erhobenen Vorwurf der Steuermauschelei "reingewaschen". Er habe mit dem Arbeitsminister aber gesprochen und ihm gesagt, dass er sich "voll und ganz" auf die Rentenreform konzentrieren solle. Die in Frankreich höchst umstrittene Rentenreform der Regierung wurde am Dienstag im Kabinett verabschiedet.

 

Die Opposition kritisierte indes die "Opferstrategie" Sarkozys in seiner ersen öffentlichen Stellungnahme: "Er hat den Eindruck erweckt, Ziel einer Verschwörung zu sein, nur um von den unangenehmen Fragen abzulenken", sagte die Parteichefin der Sozialisten, Martine Aubry, dem Sender France 3. "Wir hätten mit Klarstellungen und Entscheidungen gerechnet, aber es gab weder das eine noch das andere", fügte sie hinzu. Sarkozy hatte am Montagabend in einem TV-Interview Vorwürfe zurückgewiesen, er habe illegale Parteispenden von der L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt erhalten.

Die Zeitung Midi Libre aus dem südfranzösischen Montpellier kommentierte das Fernsehinterview von Sarkozy so: "Das Feuer löschen. Die Reformen erklären. Wieder auf die Füße kommen, vor den Sommerferien. Sarkozy musste sich gestern Abend drei Herausforderungen stellen. Beruhigen. Überzeugen. Wieder aufstehen. Doch die große mündliche Prüfung des Staatschefs war kein Feuerwerk, sie glich eher einigen schlappen Knallfröschen. Die Strategie war klar: Nicht in die gefährliche Falle der Sommerserie zu geraten. Schluss mit der Affäre Bettencourt! Ciao, was das möglicherweise illegale Finanzieren der Regierungspartei UMP anbelangt! Bye-bye, Regierungskrise. Gehen Sie ruhig weiter, es gibt nichts zu sehen!"

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