… PUTEN?: Sich sputen

Sie erinnern sich sicher an Nick Parks großartigen Knetfigurenfilm „Chicken Run – Hennen rennen“. Der Plot, zur Auffrischung: Eine Gruppe freiheitsliebender Legehennen flieht in einem selbstgebauten Fluggerät aus der einem Kriegsgefangenenlager verdammt ähnlich sehenden Hühnerfarm der profitgierigen Mrs. Tweedy, die mit dem Eiergeschäft unzufrieden ist und in der Scheune bereits eine gigantische Hühnerpasteten-Maschine aufgebaut hat. Die letzten Bilder zeigen das glückliche Federvieh, wie es inmitten grüner Hügel seinen Nachwuchs zu stolzen und freien Vögeln erzieht.

Gut möglich, dass ein paar Puten Wind von der Geschichte bekamen – und die Fiktion Realität werden ließen. In Ermangelung technischer Kenntnisse fiel ihre Strategie freilich etwas simpler aus: „Schwestern, ihr müsst jetzt koordiniert von einer Seite zu andern hüpfen“, gluckste die Oberpute, nachdem sie ihren faltigen Hals durch einen Spalt in der Ladefläche gesteckt und die Winterglätte der A 24 für günstig erachtet hatte. „Wir kriegen diesen Laster schon geschaukelt. Immerhin sind wir fast tausend.“

Für die Polizei, die den Unfall am Montagmorgen aufnahm, war der Fall klar: den Witterungsbedingungen nicht angepasste Fahrgeschwindigkeit. Glücklicherweise war der 30 Jahre alte Fahrer beim Umkippen des Lkws unverletzt geblieben, nur seine 26-jährige Beifahrerin hatte leichte Blessuren erlitten. Die Autobahn musste freilich stundenlang komplett gesperrt werden, schon um die Puten wieder einzufangen, die mit wildem Geflatter das geborstene Fahrzeug verlassen hatten.

Nicht alle kamen durch, genau genommen die wenigsten. Einige wurden kurze Zeit später von der Feuerwehr eingefangen, vielen bekam die schneidende Kälte nicht. Auch für die Füchse der Prignitz war die große Putenflucht ein im Wortsinn gefundenes Fressen. Ein kleines Grüppchen aber brachte sich in Sicherheit. Mitfühlende Menschen nahmen sich ihrer an, gaben ihnen Obdach und Mais. Offenbar war der Name des von der Oberpute gewählten Orts tatsächlich ein gutes Omen: Putlitz. CLP Foto: Archiv