… Dietmar Koschmieder? : Sich freisprechen lassen
Wer weiß, was passiert wäre, wenn die Bremsen gequietscht hätten!? Am Montag stand Dietmar Koschmieder, Geschäftsführer des Verlags der Tageszeitung Junge Welt, vor dem Amtsgericht. Der Vorwurf: Sein Blatt soll im Oktober 2010 in einem Artikel dazu aufgerufen haben, beim Castortransport Anfang November Züge der Deutschen Bahn durch das Ziehen der Notbremse zu stoppen. Damit sollten die Züge aufgehalten, die Gleise blockiert und der Transport des Atommülls in Richtung Gorleben verhindert werden. Gequietscht haben die Bremsen zwar nicht, aber: Nach Meinung der Staatsanwaltschaft hatte die Junge Welt zu einer Straftat aufgerufen. Und das ist strafbar.
Der Artikel unter der Überschrift „Castor ausbremsen!“ war in der Rubrik „Abgeschrieben“ erschienen. Darin dokumentiere die Junge Welt Texte Dritter, die nicht von der Redaktion verfasst würden und deren Inhalte sich der Verlag nicht zu eigen mache, sagte Koschmieder der taz. Im Klartext: Andere also wollten die Bremsen quietschen lassen. Die Junge Welt hat nur darüber berichtet.
Außerdem habe der Geschäftsführer des Verlags für die redaktionellen Inhalte der Zeitung einen Chefredakteur bestellt und selbst nicht redaktionell mitgewirkt, erklärte Koschmieders Rechtsanwalt. Für ihn liege der Verdacht nahe, dass die Zeitung durch die Anklage mundtot gemacht werden soll.
Staatsanwaltschaft und Richter waren sich schnell einig: Freispruch. Es könne nicht bewiesen werden, dass der Angeklagte den Artikel vor Veröffentlichung kannte. Man wisse nicht, woher der Aufruf stamme, erklärte der Richter. Ein Aufruf zu einer Straftat sei der Text trotzdem. Also Hände weg von der Bremse!
Christian Wyrembek Foto: Archiv