… DIE TERRORWARNUNG? : Weihnachtsmärkte kaputt
Manche Agenturmeldungen schlagen ein wie eine Bombe: „Die im November von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ausgesprochene Terrorwarnung wirkt sich negativ auf den Umsatz der Berliner Weihnachtsmärkte aus“, tickerte gestern Mittag dapd und zitierte den Betreiber des Weihnachtsmarkts am Opernpalais, Joseph Nieke, mit einer ebenso düsteren Warnung: „Wenn es so weitergeht, werden viele Markthändler und -betreiber das nächste Jahr wirtschaftlich nicht mehr erleben, und Weihnachtsmärkte wird es in dieser Form in Berlin dann nicht mehr geben.“ Schuld sei de Maizières Hinweis auf die akute Gefährdungslage „unter besonderer Nennung der Weihnachtsmärkte“.
Vielen KollegInnen kroch kalte Angst den Rücken hoch: Advent 2011 ohne LED-Nikoläuse, ohne „Last Christmas“ von Wham!, ohne den Duft von China-Pfanne und Glühwein mit Schuss? Man mag den Glauben ans Kindlein in der Krippe längst abgelegt haben – aber sind das nicht Traditionen, die es gegen den Angriff islamistischer Zellen zu verteidigen gilt?
Ganz so einheitlich war das Stimmungsbild in der Rudi-Dutschke-Straße dann aber doch nicht. Im Gegenteil: Nicht wenige RedakteurInnen sind der Ansicht, auf diesen grellen, lauten und zudem überteuerten Weihnachtsscheißdreck könne man getrost verzichten, und wenn man überhaupt davon sprechen könne, dass der Terror etwas Gutes habe, dann sei das doch wohl das Absterben dieser Märkte, deren optisches, akustisches und olfaktorisches Grauen sich unaufhaltsam über die gesamte Stadt ausbreite.
Man kann es auch etwas differenzierter sehen, wie jene Kollegin, die folgende Meinung im taz-Intranet kundtat: „Woher wissen die denn, dass das eine Folge der Terrorwarnungen ist?“, schrieb sie. „Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen einfach nicht mehr über genug Geld verfügen, um diesen Rummel zu finanzieren. Im Übrigen gibt es in Berlin inzwischen so viele dieser Märkte, dass man schon gar keine Lust mehr hat zu überlegen, auf welchem man denn spazieren und einkaufen soll. Und wenn dann, wie am Wochenende, Petrus seine Dusche aufdreht, statt dass Frau Holle ihre Betten schüttelt, zünde ich lieber zu Hause Kerzen an, schlürfe selbstgemachten Glühwein und lese ein schönes Buch, lade mir nette Gäste ein oder gucke in die Glotze.“
Dem gibt es nichts hinzuzufügen. CLP Foto: dapd