… DIE BUNDESKANZLERIN? : Nachsitzen in Neukölln
Ein kühler Luftzug weht durch die Schulaula, die Flügeltüren gehen auf, Applaus, Applaus, da kommt sie: Welche Farbe wird ihr Blazer dieses Mal haben? Blau? Rosa? Ah ja, Beige. Na ja.
„Tag des Europaprojekts“ an der Neuköllner Röntgen-Schule, die Kanzlerin ist da, und die Schüler sollen sie was fragen. Zu Europa, klar. Jedenfalls habe man versucht, sich dem Thema so gut es geht zu nähern, teilt die moderierende Lehrkraft zur Begrüßung mit – immerhin (verlegenes Lächeln) sei man ja hier eine Sekundarschule ohne Oberstufe. Tut uns also leid, wenn unsere Schüler nicht ganz so helle sind und es gleich ein bisschen peinlich wird.
Glücklicherweise sind Fatma und ihre fünf MitschülerInnen zu gut erzogen und verlassen aus Protest gegen diese peinliche Anmoderation nicht gleich das Podium.
Fatma sagt: „Ich habe das Gefühl, es ist schwerer für mich, einen Ausbildungsplatz zu bekommen, weil ich ein Kopftuch trage.“ Frau Merkel seufzt ein kurzes „Na ja“ und erzählt dann das Märchen „Es war einmal … ein Ausbildungsbetrieb“, in dem sie neulich mal war, da würden nur türkisch-arabische Jugendliche lernen und hinterher sei es superleicht für die gewesen, einen Job zu bekommen. „Ich weiß nicht, hilft dir das jetzt?“
Nein, es hilft Fatma nicht. „Also, ich wollte aber mal in einer Kita Praktikum machen, das war sogar eine muslimische, aber die wollten niemanden mit Kopftuch.“ – „Nimmste mal ’ne staatliche“, rät Dr. Merkel.
Tja, Fatma, kann man jetzt auch nix machen, die Welt ist eben so, wie sie ist. Musst du dich halt anpassen. Hoffentlich hilft dir das jetzt?
Aber was ist denn jetzt mit Europa, jemand noch eine Frage, vielleicht sogar zum Thema?
„Hat Europa einen Plan, wie man die Jugendarbeitslosigkeit in Europa bekämpfen kann?“ Nein, hat es nicht. Jedenfalls nicht so konkret. Aber wenn sie in Regionen über 25 Prozent liege, könne man ja einen Antrag in Brüssel stellen, und dann gäbe es da auch so verschiedene Förderprogramme …
Danke, Frau Dr. Merkel, wieder nix gelernt. akl Foto: reuters