… BORIS BECKER? : ’ne Marke setzen
Wäre man gemein, könnte man sich über Boris Becker mokieren. Über einen Menschen, der mal recht gut Tennis spielte, viel Geld damit verdiente und auch heute noch viel Geld verdient, aber nicht mit Tennis, sondern mit sich selbst. Der Boris Becker des Jahres 2010 ist längst eine Kunstfigur, eine sich selbst vermarktende Marke, deren Kern irgendwas mit Lifestyle zu tun hat. Obwohl „Kern“ fast wie „Inhalt“ klingt, und das führt ja wohl in die Irre.
Man könnte – wenn man gemein wäre – von der Website des Schweizer Unternehmens „Boris Becker & Co.“ zitieren. Sätze wie: „Boris Becker ist eine Marke mit Weltrang.“ „Produkte dieser Marke spielen in einer Liga eigener Ordnung.“ Oder: „Erfahren Sie hier, wie sie mit dem gewinnbringenden Imagetransfer von Boris Becker Marketingerfolge erzielen.“
Weil wir aber nicht gemein sind, verweisen wir lieber auf Boris Beckers soziale Ader. Becker – also der Mensch – hat nicht nur ein Herz für schnittige Frauen und rassige Autos, sondern auch für Benachteiligte, sagen wir: Berliner Schulkinder. Für die legt er sich bald schwer ins Zeug: in einer Sat.1-Sendung, Arbeitstitel „Boris macht Schule“. In dem „Helptainment“-Format soll die Wimbledon-Legende eine marode Schule sanieren.
„Als Vater von vier Kindern liegt mir das Projekt sehr am Herzen“, verriet Boris Becker der Bild. „Es ist sehr wichtig, dass wir unseren Kindern in der Schule ein Umfeld schaffen, das ihnen eine Perspektive gibt.“ Dass Becker ein reifer Geschäftsmann ist, zeigt schon die Wortwahl: „das wo ihnen eine Perspektive gibt“, hätte er früher gesagt, aber die Zeiten sind vorbei.
Viele Schulen buhlen um Beckers helfende Hände, berichtet die Berliner Zeitung. Favorisiert werde momentan die Georg-Weerth-Sekundarschule in Friedrichshain. Wer weiß, vielleicht aalen sich die Gören schon bald in bonbonfarbenen Unterrichts-Lounges und verbessern in der großen Pause ihr Handicap.
Aber wie kommentieren das Kids, die Beckers Tennissiege höchstens aus dem Geschichtsunterricht kennen? „Alter“, werden sie sagen, „keine Ahnung, was das Ganze soll. Aber der Typ ist echt ’ne Marke.“ CLP Foto: dapd