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Barbara Blaha über Vermögensteuern „Alle sollen mitreden können“

Die Gründerin des Moment-Magazins erzählt von der Notwendigkeit von Vermögenssteuern, von einer Schülerzeitung und der aktuellen Lage in Österreich.

Mit 13 gründete Barbara Blaha eine Schülerzeitung und lernte früh, wie wirksam Sprache sein kann Foto: Markus Zahradnik

taz: Frau Blaha, Sie haben das Momentum Institut gegründet, das Wirtschaft für alle verständlich machen will. Wie kamen Sie zur politischen Ökonomie?

Barbara Blaha: Wenn man eine Zeitung aufschlägt oder die Hauptnachrichten einschaltet, sprechen dort fast immer dieselben Ex­per­t*in­nen über Wirtschaft. Und sie sagen auch fast immer dasselbe: Der Sozialstaat sei zu teuer, Unternehmen bräuchten dringend Steuersenkungen, und Arbeitszeitverkürzung sei die dümmste Idee aller Zeiten. Das ist kein Zufall.

taz: Warum nicht?

Blaha: Die meisten dieser Institute werden von Unternehmen und der Industrie finanziert. Sie betrachten die Wirtschaft aus der Perspektive der Chefetagen. Aber warum gibt es kein Institut, das die Wirtschaft aus der Sicht jener betrachtet, die sie überhaupt am Laufen halten – der Arbeit­nehmer*in­nen? Gleichzeitig haben die wenigsten von uns Volkswirtschaft studiert. Viele überblättern den Wirtschaftsteil der Zeitung, weil sie denken, das sei alles komplizierte Mathematik. Doch wir beim Momentum Institut sind überzeugt: Alle sollen mitreden können. Wer weiß denn schon – und das nehme ich niemandem übel –, dass von 100 Euro an Steuern fast 80 von Ar­beit­neh­me­r*in­nen gezahlt werden, aber nur drei aus Vermögen stammen? Ich habe gemerkt: Was man nicht selbst anstößt, passiert nicht. Also habe ich 2019 das Momentum Institut gegründet.

Bild: Ingo Pertramer
Barbara Blaha

2019 gründete Barbara Blaha das Momentum Institut in Wien und das zugehrörige Ökonomie-Magazin für die Vielen. Sie setzt sich für eine Besteuerung von Vermögen und mehr Umverteilung ein.

taz: Sie haben als Jugendliche eine Schülerzeitung gegründet. Hat Sie das geprägt?

Blaha: Ja, mit 13 habe ich als De-facto-Kleinkind eine Schulzeitung ins Leben gerufen. Die älteren Schü­le­r*in­nen waren wenig begeistert. Aber ich habe damals gelernt, wie machtvoll Worte sind – und wie wichtig Öffentlichkeit ist. Wenn du mit einem Artikel in der Schulzeitung erreichen kannst, dass die Schulleitung endlich eine ungerechte Regel kippt, dann verändert dich das. Diese Erfahrung hat mich sehr geprägt. Denn um Gerechtigkeit durchzusetzen, braucht es öffentliche Aufmerksamkeit.

taz: Warum setzen Sie sich für eine Vermögensteuer ein?

Blaha: Wir können in den USA sehen, wohin es führt, wenn der Anhäufung von exzessivem Reichtum keine Grenzen gesetzt werden: Es gefährdet die Demokratie. Und zwar in einer Geschwindigkeit, die mich als Demokratin in der Mitte Europas beunruhigt. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Oben wächst das Vermögen viel schneller, als Menschen, die arbeiten, mithalten können. Dem muss etwas entgegengesetzt werden. Großes Vermögen muss endlich fair besteuert werden. Ich möchte in einer Demokratie leben, in der sich einige wenige Reiche nicht einfach Parteien oder Politiker kaufen können.

taz: Ist eine Vermögensteuer denn mehrheitsfähig?

Blaha: Ja. Eine Analyse von Momentum zeigt, dass es in den letzten 20 Jahren in jeder Umfrage eine Mehrheit für Vermögens- und Erbschaftsteuer gab. Die Bevölkerung steht also dahinter. Aber da andere Themen kurzfristig dringender erscheinen, kommt keine parlamentarische Mehrheit zustande. Es ist kein zentrales Wahlmotiv.

taz: Letzte Woche scheiterten die Koali­tions­verhandlungen zwischen FPÖ und ÖVP. Was passiert in Österreich?

Blaha: So eine Situation gab es in Österreich noch nie: zwei gescheiterte Koalitionsverhandlungen und nach 136 Tagen immer noch keine Regierung.

taz: Warum scheiterten die Verhandlungen?

Blaha: Ein entscheidender Faktor ist Herbert Kickl. Die FPÖ will vor allem ihre migrations- und sicherheitspolitischen Vorstellungen umsetzen – also das Innenministerium kontrollieren. Ich glaube, die ÖVP hat unterschätzt, wie kompromisslos der FPÖ-Kanzlerkandidat Kickl in die Verhandlungen geht: „Entweder ich bekomme, was ich will, oder ich regiere nicht.“

taz: Wie geht es jetzt weiter?

Blaha: Es gibt starken Druck auf alle Beteiligten, eine Lösung zu finden. Der Ruf nach Neuwahlen kommt bislang nur von der FPÖ.

Mehr darüber erzählt Barbara Blaha auf dem tazlab.

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