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„Arisierungs“-Mahnmal in Bremen Erst ausgeplündert, dann deportiert

Nach langen Bemühungen wird nun das Bremer „Arisierungs“-Mahnmal eingeweiht – eine Erinnerung an die Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung durch deutsche Logistikunternehmen in der NS-Zeit.

Großer Andrang bei der Versteigerung des Hausrats der jüdischen Nachbarschaft, Lörrach 1940 Foto: Stadtarchiv Lörrach

Aus der taz | Der „Tag des offenen Denkmals“, bundesweit am 10. September zum 30. Mal begangen, ist in Bremen dieses Jahr auch ein Tag des neuen Denkmals: Das ursprünglich von der taz initiierte „Arisierungs“-Mahnmal an der innerstädtischen Weserpromenade wird eingeweiht – acht Jahre nach den ersten Bemühungen.

„Es füllt eine Leerstelle in der deutschen Erinnerungskultur“, sagt Frank Bajohr, Leiter des Zentrums für Holocaust-Studien am Institut für Zeitgeschichte (IfZ) München. Welche Leerstellen Bajohr meint, darauf verweist der Titel des Vortrags, den Bajohr im Rahmen der Einweihung hält: „Opa war kein Profiteur? Zum gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Umgang mit der ,Arisierung‘.“

„Arisierungs“-Mahnmal in Bremen

Alle Infos sowie einen aktualisierten Programmüberblick zur Einweihung des „Arisierungs“-Mahnmals am 10. September: taz.de/mahnmal

Wie umgehen mit dem Erbe der Profiteur:innen?

2015 entstand die Idee eines Mahnmals, das sich auf die Frage fokussiert, wie die restlose Ausplünderung der jüdischen Bevölkerung in der NS-Zeit angemessen thematisiert werden kann: Welche Bedeutung die Vielzahl von Profitgelegenheiten historisch für die Unterstützung des NS-Regimes hatte – und wie wir heute politisch, öffentlich, aber auch familienbiografisch mit diesem lange Zeit wenig beachteten Befund umgehen wollen.

Anlass der Mahnmalinitiative waren die großen Jubiläumsfeierlichkeiten von Kühne + Nagel, des in Bremen gegründeten, heute weltweit drittgrößten Speditionskonzerns.

Dessen zentrale Rolle beim Abtransport jüdischen Eigentums aus den besetzten Ländern Westeuropas blieb beim Bremer Jubiläumsauftakt ebenso unerwähnt wie der in Auschwitz ermordete frühere Miteigentümer der Firma. Ein besonderer Gast der Mahnmaleinweihung wird deshalb seine aus Montréal anreisende Enkelin sein.

Erinnerungspolitik und Radtouren zu „Orten der Beraubung“

Bremen hatte als Hafen- und Logistikstadt einen besonderen Anteil an der „Verwertung“ des beweglichen Hab und Guts der jüdischen Bevölkerung. Die komplette Ausplünderung, das Ausräumen und „Arisieren“ der Wohnungen und Häuser, fand freilich im gesamten deutschen Machtbereich statt. Wie wollen wir mit diesem Erbe umgehen?

Im Rahmenprogramm der Einweihung gibt es Workshops, ein erinnerungspolitisches Panel zu „Perspektiven, Herausforderungen und Fallstricken der Gedenkkultur“ und Radtouren zu „Orten der Beraubung“ wie dem Weserstadion, in dem große Mengen „gebrauchter Oberbetten, Unterbetten und Kopfkissen“ aus jüdischem Besitz an die „Volksgemeinschaft“ verteilt wurden.

Zudem wird – aus Schüler:innen-Perspektive – die Frage diskutiert, welche Rolle das Thema „Arisierung“ in der schulischen Bildung spielen sollte.