10. - 18. Mai 2025
Kalabrien
mit Marina Collaci
Kalabrien gehört zu den Regionen Süditaliens, die in der Antike von Griechen besiedelt wurden – und noch heute wird in einigen Bergdörfern ein altes Griechisch gesprochen. Bei unserer Reise werden Sie überraschende Eigenarten dieser geschichtsträchtigen Region kennen lernen, aber auch kulinarische Besonderheiten wie seltene Zitrusfrüchte oder einfach wunderschöne Landschaften, deren hohen Berge immer aufs Meer hinausschauen.
Unsere Reise führt von Lamezia Terme aus nach Roccella Ionica an die ionische Küste, von dort aus erkunden wir 6 Tage lang die Region (mit einer Übernachtung in einem Agroturismo inmitten einer Bergamotten-Plantage) und fahren am Ende der Reise über Reggio Calabria nach Lamezia Terme zurück.
Dabei treffen wir verschiedene Initiativen, die gegen mafiöse Strukturen ankämpfen bzw. Migranten in halb leeren Dörfern willkommen heißen, hören die traditionelle Musik der chitarra battente, erfahren von der antiken griechischen Besiedlung der Region und lernen einige kulinarische Spezialitäten kennen.
Programm
Wenn es um Kalabrien geht, beherrscht zwar eine Handvoll mafiöser Verbrecher die Schlagzeilen: die Ndrangheta. Diese schreckliche internationalen Mafia Kalabriens prägt leider die Assoziationen über die gesamte Region. Doch ist es ein Vergnügen, Kalabrien zu besuchen, auch weil die Mehrheit der Einwohner eine sehr ausgeprägte Kultur der Gastfreundschaft pflegt. Und für den Touristen stellt die Mafia keine Gefahr dar, sie bewegt sich auf anderen Gleisen.
Man sollte nicht verallgemeinern, doch haben viele Kalabresen eine sehr eigene Lebensart: eine warme Großzügigkeit und eine langsame, philosophische Art, das Leben anzugehen - der Fußabdruck des antiken Griechenlands ist immer noch zu spüren. In jedem Fremden verbirgt sich ein Gott, predigte Homer in seinen phantasmagorischen Erzählungen, und seine Lehre scheint unauslöschlich. Trotz Mafia, trotz Armut und Ungleichheit, trotz der chaotischen staatlichen Politik der Flüchtlingsaufnahme gibt es ausgerechnet im armen Kalabrien verschiedene Dörfer, Organisationen und Bürger, die rebellieren und neue Modelle einer Willkommenskultur entwickelt haben.
Das Dorf Riace auf einem Hügel, nur wenige Kilometer vom Meer entfernt, öffnete 1998 die Türen seiner leeren Häuser, um die afrikanischen jungen Menschen, die übers Mittelmeer nach Italien kamen, zu empfangen. Mimmo Lucano, damals Bürgermeister, heute Europa-Abgeordneter, machte sein armes kleines Dorf weit über die Grenzen Italiens hinaus bekannt: Er schuf mit europäischen Mitteln Schulen und Werkstätten, die Arbeitsplätze nicht nur für die afrikanischen Jugendlichen boten, sondern auch für die Kalabresen, die als Ärzte, Lehrer und Sozialarbeiter endlich eine Rolle in ihrer Heimat fanden.
Auch das nahe gelegene Dorf Camini hat dieses Modell übernommen, Es ist eine Freude, das schöne Dorf zu besuchen, wo die Flüchtlinge so integriert sind, dass sie meinen: Wir weinen zwei Mal, wenn wir ankommen und wenn wir weggehen müssen. Bei unserem Besuch in Camini treffen wir Freiwillige, die sich für die Integration von Migranten engagieren.
Die 'Ndrangheta ist ein Ungeheuer mit zwei Gesichtern. Es gibt das saubere, respektable Gesicht des Finanzmanagers, der viele Sprachen spricht, in Aufsichtsräten und Luxushotels verkehrt und in aller Stille und ohne Aufsehen Millionenimperien aufbaut. Und dann gibt es das grimmige Gesicht, das Kleinunternehmern Angst einjagt. Viele Kalabresen sind auf dem Kriegspfad gegen die Mafia.
Die Kooperative Goel in Gioiosa Ionica hat eine Reihe erfolgreicher Geschäftsinitiativen gegen die Mafia ins Leben gerufen; sie hat alle Agrarunternehmen, die gegen die Mafia kämpfen und die Rechte der Arbeitnehmer respektieren, in einem Netzwerk zusammengeschlossen und es so geschafft, der Welt zu zeigen, dass Ethik nicht nur fair, sondern auch lukrativ sein kann; Goel ist auch in der Modewelt erfolgreich mit der ersten ethischen Marke für Bio-Stoffe, die aus Ginsterblüten handgewebt werden (Cangiari).
Auch ein französischer Pater kämpft gegen die Mafia, die Jahr für Jahr die Wälder niederbrennt. Pater Frederic Vermorel verteidigt die Umwelt in Kalabrien. Er wohnt in der Einsiedelei von Sant'Ilarione in einem Wald, in der Nähe von Wasserfällen, die zum Baden einladen.
Im Dorf Focà werden wir Ilaria Campisi treffen, eine mutige Unternehmerin. Sie hat ihre Zitrushaine in botanische Gärten verwandelt, indem sie alte und seltene Sorten von Zitrusfrüchten rettete. Wie die vom Aussterben bedrohte einheimische Sorte der Blondorange, für deren Produktion sie eine Kooperative gegründet hat - ihr Projekt „Oranges on the Road“.
Zweifellos ist Kalabrien ein verfluchtes Paradies, eine arme, unterentwickelte Region mit vielen verlassenen oder halbfertigen Häusern an den Stränden. Doch der Reichtum und die Schönheit seiner Landschaften übersteigen jedes menschliche Versagen: Flussschluchten und Wasserfälle, beeindruckende Felsen mit bizarren Formen, die Berge Kalabriens sind wenig besucht, doch von besonderer Schönheit und Magie. Sie strahlen Energie und ein Gefühl von Frieden aus.
Das zumindest fühlten die byzantinisch-orthodoxen Mönche, als sie im Jahr 726 n. Chr. aus Byzanz flohen und in den Grotten Kalabriens einen idealen Zufluchtsort fanden. Von dichtem Wald umgebene Einsiedeleien, Klöster und Kirchen bezeugen ihre Präsenz: wie das orthodoxe Kloster von San Giovanni Theristis oder die schöne Cattolica, ein kleiner Rundtempel. Er ist ein berühmtes Zeugnis der byzantinischen Präsenz im mittelalterlichen Dorf Stilo, das auch Heimat des utopischen Philosophen Tommaso Campanella ist.
Andere Orte nahe der Küste Kalabriens entstanden ebenfalls durch griechische Einwanderer, aber schon viele Jahrhunderte zuvor, um 700 vor Christus, wie die Gemeinde Caulonia deren Namen an die antike Siedlung Caulon erinnert. Diese antiken griechischen Kolonien in Kalabrien und anderen Küstenregionen Süditaliens wurden von den antiken Historikern 'Magna Graecia' genannt.
In einigen kleinen Dörfern wie Bova und Gallicanò wird heute noch eine alte Form des Griechischen gesprochen. Ob es sich dabei um Altgriechisch aus 'Magna Graecia' oder um mittelalterliches Griechisch handelt, das von den Mönchen geerbt wurde, können wir bei einem Besuch des Museums Museo Civico della Lingua Greco-Calabra in Bova erfahren. Es ist dem deutschen Sprachwissenschaftler Gerhard Rohlfs gewidmet, der die Geschichte und die Ursprünge der Sprache untersuchte.a
Die schönen weißen, wilden Strände der ionischen Küste sind nur wenige Kilometer entfernt und bieten archäologische Schätze: Bunte Mosaiken, die Drachen und Delphine darstellen. Vor 2500 Jahren waren sie ein Willkommensgruß für Fremde, die vom Meer kamen. Im 6. Jahrhundert vor Christus entstand im antiken Lokroi Epizephyrioi (heute: Locri) eine matriarchalische Gesellschaft: eine Gruppe von Aristokratinnen kam aus Griechenland nach Kalabrien. Ihre Männer waren zu lange im Krieg gewesen, so flohen die Frauen zusammen mit ihren männlichen Sklaven, um ein neues Leben zu beginnen.
Demeter, Persephone, Aphrodite wurden ihre wichtigsten Göttinnen und nicht viele wissen, dass in dieser heutigen Hochburg der Mafia die Wiege unsere Zivilisation war: Der Hirte Zaleukos schuf die erste in Europa schriftlich niedergelegte Gesetzgebung. Das Gesetz gilt für alle gleichermaßen, das sagte Zeleukos als erstes, und das war revolutionär. Er schrieb auch: Die Menschen aus Locri werden keine Sklavinnen und keine Sklaven haben.
Kein Wunder, dass mehrere Museen diesen historischen Reichtum Kalabriens bezeugen. Zwei kleine Museen direkt am Strand in Locri und in Monasterace überraschen ihre Besucher mit unzähligen antiken griechischen Votivgaben und Masken - und in Reggio Calabria steht auf der Uferpromenade eines der schönsten Museen Italiens: Il Museo Archeologico, bekannt für die „Bronzi di Riace“, zwei imposante griechische Bronzestatuen aus der Zeit von 460 bis 430 v. Chr.
Die Leier ist ein Musikinstrument, das von den alten Griechen überliefert wurde. Sie wird heute noch ausschließlich in den kleinen Dörfern in der Nähe von Locri hergestellt und gespielt. Aber die Volksmusik Kalabrien ist deutlich stärker geprägt von der in ganz Süditalien verbreiteten chitarra battente, einer länglichen Gitarre mit stark gewölbten Boden und einer hübschen verzierten Rosette aus Pergament.
Beliebt im 16. und 17. Jahrhundert, wurde sie von der Hofmusik vergessen, als die moderne Gitarre auf die Szene trat. Doch das einfache Volk in Süditalien adoptierte das alte Instrument. Die chitarra battente begleitet mitreißende religiöse oder Liebeslieder, die stimmungsvoll sind, weil die doppelten Stahlsaiten nicht nur gezupft, sondern auch geschlagen werden, fast wie bei einer Flamenco-Gitarre, mit einer Technik, die in Kalabrien u ribummu genannt wird. Francesco Loccisano ist ein Virtuose der chitarra battente und der erste Professor für dieses Instrument an der Musikhochschule von Catanzaro, er wird für uns spielen.
Gutes Essen und Wein, vor allem Rotwein, der bis zu 15 Grad erreicht, sind weitere Qualitäten, auf die man in Kalabrien stolz ist. Dazu gehört auch die mit Eis gefüllte Brioche: eine typische Leckerei an der wunderschönen Strandpromenade von Reggio Calabria, die der Dichter D'Annunzio als den schönsten Kilometer Italiens bezeichnete.
Seit dem 17. Jahrhundert entfällt mehr als 80 % der weltweiten Bergamotten-Produktion auf diesen kleinen Teil der kalabrischen Küste, samt dem daraus gewonnenen Öl. Die Bergamotte ist eine duftende Zitrusfrucht, die ein wesentlicher Bestandteil von Parfüms wie Eau de Cologne ist, aber auch beim Verzehr reich an therapeutischen Eigenschaften ist. Himmlische Oasen sind die Orte, an denen sie angebaut wird. Und wo wir eine Nacht schlafen werden.
Zu den kulinarischen Stationen unserer Reise gehört auch ein Halt in Mammola, einer Stadt, die für ihre tausende von Rezepten für Stockfisch bekannt ist. Aber diese kleine Stadt bietet noch eine andere Überraschung: MuSaBa, das Museum Santa Barbara, eine Art Freilichtmuseumspark für zeitgenössische Kunst.
Bei der Reise werden Sie überraschende Eigenarten dieser Region kennenlernen, die so reich ist an Geschichte und an wunderschönen Landschaften, deren hohen Berge immer aufs Meer hinausschauen.
Reiseleitung: Marina Collaci
Journalistin u.a. für WDR und das deutsch-italienische Monats- magazin 'Adesso'
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