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22. - 27. August 2024

Nordeifel und Hohes Venn

  • Wanderungen im deutsch-belgischen Grenzgebiet: im Nationalpark Eifel an geschichtsträchtigen Orten und im Hochmoor des Hohen Venn (Belgien)
  • 890 € (DZ/HP/ohne Anreise)
  • mit 4 Übernachtungen in der Bischöflichen Akademie Aachen + einer Übernachtung in der Jugendherberge Gemünd-Vogelsang (Eifel)
  • Veranstalter: Ventus-Reisen

mit taz-Autor Bernd Müllender

Zum Programm gehören Wanderungen im Nationalpark Eifel und im größten Hochmoor Europas, dem Hohen Venn (Belgien), außerdem ein Besuch der ehemaligen Nazischule „Ordensburg Vogelsang“ sowie skurrile Besonderheiten des Lebens im deutsch-belgischen Grenzgebiet - mit 4 Übernachtungen in der Bischöflichen Akademie Aachen sowie 1 Übernachtung in der Jugendherberge Gemünd-Vogelsang.

Themen der Reise

Nationalpark Eifel, das Hohe Venn als größtes Hochmoor Europas, die Schlacht um den Hürtgenwald 1944/45, die ehemalige Nazischule „Ordensburg Vogelsang“, die skurrilen Besonderheiten des Grenzlebens über Jahrhunderte – das alles gehört zur deutsch-belgischen Nordeifel. 30-40 Kilometer südlich von Aachen bietet sie zudem ein Konzentrat an Naturerlebnissen.

Aktivitäten

Wir wandern mit einem Ortskundigen 2 Tage durch den Nationalpark Eifel in der Nähe des Rursees und im Hürtgenwald. Auf belgischer Seite streifen wir einen halben Tag durch das menschenleere, mysteriöse Hohe Venn, eine besondere Begegnung mit rauer Einsamkeit.

Daneben ist unsere Reise ein Trip in die Geschichte. Die Nordeifel bietet hautnahe Erinnerung an die Befreiung zum Ende des 2. Weltkriegs. Vor Ort spüren wir dem Grauen der Hürtgenwald-Schlacht nach, in der die US-Befreier im Winter 44/45 monatelang steckenblieben.

Die Rur bei Heimbach

Einen Tag verbringen wir in der monströsen „Ordensburg Vogelsang“, in der die Nazis ihren Führungsnachwuchs ausbildeten („Junkerschule“). Das abgelegene Gelände auf einem Bergrücken gilt mit fast 100 Hektar bebauter Fläche nach den Nürnberger Parteitagsbauten als größte bauliche Hinterlassenschaft des Nationalsozialismus. Heute ist Vogelsang ein weitläufiges internationales Begegnungszentrum.

Fälschlicherweise hat die Eifel das Image einer in Teilen spießigen Region, kühl, windig, abgelegen im Irgendwo südlich und westlich von Aachen, Köln, Bonn, Koblenz. Merkwürdigkeiten kommen hinzu: Der größte Fluss der Nordeifel heißt Rur, anders also als die große Ruhr im ehemaligen Kohlenpott. Die Orte aber können sich nicht entscheiden: Es gibt Rurberg und Einruhr. Und es gibt die deutsche und die belgische Eifel. Die belgische beginnt bei Malmedy und reicht bis zur luxemburgischen Grenze. Ihre Bewohner*innen sind Teil der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens.

Blick über die Rureifel vom Gelände der ehemaligen NS-Ordensburg Vogelsang

Mit der Gründung des Nationalparks Eifel im Jahr 2004 endete die kommerzielle Holzwirtschaft mit ortsfremden Bäumen wie der Fichte (die im Eifelslang "Prüßeboom" heißt: Preußenbaum); die Natur wird seitdem weitgehend sich selbst überlassen.

Hier leben heute Wildkatzen, Uhus, die seltenen Schwarzstörche, nach der Wiederansiedlung zweier Biber vor 40 Jahren eine mittlerweile sehr emsige Population der Baumnager und neuerdings auch vereinzelt Wölfe. Wir lassen uns das naturnahe Management eines solchen Nationalparks erklären und durchwandern dabei die Gegend um Zerkall und Heimbach bis zum Rursee ohne h.

Im Westen geht der Nationalpark in den belgischen Teil des Naturparks Hohes Venn über (französisch: Hautes Fagnes). Einen Nachmittag verbringen wir unter kundiger Leitung einer BUND-Venn-Expertin im einsamen und Mysterien umrankten Venn mit seinen Teppichen aus Woll- und Pfeifengras bis zum Horizont, Sumpf- und Torflandschaften und zahllosen kleinen Bächen.

Hier fallen bis zu 1500 Liter Niederschlag pro Jahr, im Winter herrscht oft tagelang gespenstischer dichter Nebel. Das Hohe Venn ist Wasserspeicher der Region und gilt als Refugium vieler seltener Pflanzen, die nur hier im extrem sauren Milieu gedeihen. Inmitten der 4.500 Hektar Vennwelt findet sich auch Belgiens höchster Gipfel: Botrange, 694 Meter hoch.

Hochmoor Hohes Venn

Eine weitere Tagestour führt uns in die Rureifel zu einem berühmten Schauplatz der Endphase des 2. Weltkrieges. Schon am 21. Oktober 1944 war Aachen als erste deutsche Stadt vom Naziterror befreit. Keine 30 Kilometer südöstlich kam bald danach der Vormarsch der Alliierten über Monate zum Erliegen. Im Hürtgenwald tobte von Oktober 1944 bis Februar 1945 eine der fürchterlichsten Schlachten des 2. Weltkriegs („Battle of Hurtgen Forest“, „Allerseelenschlacht“).

Die US-Befreier, begleitet vom fiebrigen Dokumentaristen Ernest Hemingway, fuhren sich mit ihren Panzern, fahrlässig unvorbereitet und schlecht ausgerüstet, im unwegsamen Gelände mit seinen steilen Tälern fest. Nach vier Monaten Stellungskrieg im tiefen Schlamm hatte die US-Armee 15.000 Tote zu beklagen (im 14-jährigen Vietnamkrieg waren es etwa 58.000). Eine weite Waldlandschaft war danach abgefackelt, verwüstet und weitflächig vermint. Wir gehen mit einem Guide auf historische Spurensuche.

Reste eines Bunkers im Hürtgenwald Gotthard Kirch

Die Nordeifel hat, aus sehr verschiedenen Gründen, offenbar eine besondere Anziehungskraft für große Schriftsteller. Neben Hemingway war das J.D. Salinger („Der Fänger im Roggen“), der als Soldat im Hürtgenwald dabei war und hier auch an seinen Büchern schrieb. Da war nach dem Krieg vor allem Heinrich Böll, der seit den 60er Jahren in Langenbroich in der Voreifel seinen Zweitwohnsitz hatte (wo er an vielen Romanen schrieb und wo auch Alexander Solschenizyn 1974 nach seiner Ausbürgerung aus der UdSSR monatelang abgeschieden lebte).

In Hürtgenwald-Bergstein war Böll oft im Lokal Burgschenke zu Gast. Nur ein Dorf weiter, in Simonskall, hatte sich 1919 der Anarchist Ret Marut über Wochen versteckt. Er war 1918 mutmaßlich an der bayerischen Revolution beteiligt, verhaftet worden, zum Tode verurteilt und dann in Frauenkleidern aus dem Münchner Gefängnis geflüchtet. Unter dem Pseudonym B. Traven wurde Ret Marut später mit Romanen wie "Die Baumwollpflücker" und "Das Totenschiff" zum Weltliteraten.

Noch ein Literaturhinweis: 2019 erschien der Roman "Propaganda" von Steffen Kopetzky, dessen Hauptprotagonist US-Major John Glueck mit Hemingway im Hurtgen Forest whiskeybetäubt die Schlacht durchlebte (Lektüre vor der Reise sehr zu empfehlen).

Die NS-Ordensburg Vogelsang auf einem Foto von 1940

Vogelsang, 40 Kilometer südöstlich von Aachen, ist unser Ziel am nächsten Tag: Hier war eine von deutschlandweit drei „Ordensburgen“ der Nationalsozialisten, ein gewaltiges Terrain hoch oben auf einem Bergplateau, ab 1934 errichtet. Von 1936 an wurden hier „Junker“ ausgebildet, militärisch geschulte Verwaltungsfachleute, die später in besetzten Gebieten (vornehmlich im Osten Europas) die annektierten Städte leiten sollten.

Ab 1939 wurde Vogelsang direkt von der Wehrmacht genutzt. Es gab sogar Pläne, ein „Kraft-durch-Freude-Hotel“ mit 2.000 Betten zu bauen sowie Europas größte Sportstätte. Die beiden anderen „Ordensburgen“ entstanden in Krössinsee in Pommern und in Sonthofen im Allgäu.

Nach dem Krieg machten belgische Soldaten „Camp Vogelsang“ zum Truppenübungsplatz. Mit ihrem Abzug Ende 2005 wurde das Gelände renoviert, umgebaut, umgewidmet und 2016 als NS-Dokumentationszentrum und schauriger Lernort eröffnet (250.000 Besucher*nnen pro Jahr). Lange befürchtete man, Vogelsang mit seiner großteils noch vorhandenen Nazi-Architektur könne zu einem Treffpunkt, gar Aufmarschgebiet der rechten Szene werden. Das ist zum Glück nie passiert.

Wir machen eine mehrstündige Führung im Gelände, genießen die atemberaubende Aussicht auf den Urftstausee und ahnen in der Ausstellung „Bestimmung: Herrenmensch“, wie es damals hier zuging. Mehr Details gibt es auf der Website: vogelsang-ip.de. Das ip steht übrigens für internationaler Platz.

Der belgische Ort Kelmis liegt im lange umkämpften Grenzgebiet zu Deutschland

Am letzten Reisetag erfahren wir am alten Aachener Grenzübergang Köpfchen (heute mit Kulturzentrum kukuk), welch groteske Auswüchse das Leben im Grenzgebiet zwischen Deutschland, Belgien und den Niederlanden über Jahrhunderte hatte. Der Dreiländereck-Historiker Herbert Ruland („Trüffelschwein der Grenzregion“) wird erklären, warum Staatsangehörigkeit bis zu den großen Kriegen (lange vor Schengen-Europa!) nie groß Thema war im Alltag der Menschen dieser vielsprachigen Grenzregion im Drei-, zeitweilig gar Vierländergebiet: man lebte hier, arbeitete dort, heiratete in jenem Flecken, ging mit den Nachbarn hinter der Grenze gemeinsam auf Prozessionen.

Gerade der Osten Belgiens (Eupen-Malmedy) war jahrhundertelang immer mittendrin, wenn Königshäuser oder neue Herrscher im Kriegswahn Welt und Pfründe neu aufteilten.

Warum Schmuggelrouten zeitweilig das Leben hier bestimmten, lässt sich noch ahnen. Aber, was gilt als Rekordwert von Wechseln der Staatsangehörigkeit eines Einzelnen in kaum 50 Jahren? Oder: warum war in einer Kneipe im Grenzort Raeren zeitweilig österreichisch gefärbtes Jiddisch die häufigste Sprache und das heutige Kelmis, ein Dorf weiter, als Esperanto-Weltzentrum vorgesehen? Fragen, auf die Herbert Ruland eine Antwort weiß.

Eine Reise für Liebhaber*innen des geruhsamen Wanderns

Reiseteilnehmer*innen sollten passabel gut zu Fuß sein. An drei Tagen werden wir je 12-15 km per pedes unterwegs sein - ohne Stress, mit Pausen: der/die Langsamste bestimmt das Tempo.

Übernachtung: Wir wohnen die ersten drei Nächte und die letzte Nacht in der Bischöflichen Akademie in Aachen und zwischendurch eine Nacht in der Jugendherberge Gemünd-Vogelsang.

Wir essen abends in abwechslungsreichen Restaurants: deftig, belgisch, libanesisch. Die Reise endet mit dem Spätlunch: Frittenessen bei einer der besten Imbisse der Region (Manneken Frit), ergänzt um einige Spezialitäten aus dem Dreiländereck, die der Reiseleiter zusammenstellen wird (lassen Sie sich überraschen).

Beginn und Ende der Reise:

Wir treffen uns in Aachen am Donnerstag, 22. August, um 17 Uhr in der Bischöflichen Akademie (in der Nähe des Hauptbahnhofs).

Ende der Reise: Dienstag, 27. August gegen 16 Uhr am Hauptbahnhof Aachen (frühere Abreise auch möglich)

Reiseleiter

Bernd Müllender ist freier Journalist seit 1984 für die taz und viele andere (auch SZ, ZEIT) sowie Buchautor (u.a. 2 Belgien-Bücher sowie ein Roman zur Verkehrswende: „Die Zahl 38.185“ und ganz neu: „Ach Aachen“, Texte über eine liebenswürdige, manchmal seltsame Stadt); er lebt in Aachen.

Bitte buchen Sie die Reise direkt beim Reiseveranstalter

Die Reise kann nur beim Veranstalter gebucht werden, auch wenn sie auf dessen Website nicht aufgeführt ist.