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06.05.2021 , 13:21 Uhr
Ne, das stimmt so nicht. Es gibt gute Ärztinnen, die nicht bei jedem Ohrenschmerz auf eine allgemeine Lebensstilanpassung hin zu einem kapitalistisch maximal verwertbaren Körper verweisen. Mensch darf sich gerne mal fragen, weshalb auf dem Übergewicht im Verhältnis zu Rauchen, Alkohol, Schlafstörungen, Essverhalten gewichtsunabhängig etc. so sehr herumgeritten wird. Wo Übergewicht per se nicht mal ein kardiovaskulärer Risikofaktor ist. Eine Korrelation zu tatsächlich Risikofaktoren besteht, ist aber trotzdem nur eine Korrelation (Cholesterinerhöhung, Bluthochdruck etc.)
Der BMI wird tatsächlich zunehmend auch unabhängig vom Bodybuilding zunehmend kritisiert, vor allem bezüglich der automatischen Gesundsprechung der Menschen im "Normbereich" - was bei weitem nicht zutreffen muss, Stichwort viszerales vs. subkutanes Fett.
Und ja, ich bin Ärztin und ja, ich habe keinen BMI über 30.
Anzumerken wäre vielleicht noch, dass zumindest aus meiner ärztlichen Perspektive die Impfung der stark übergewichtigen Menschen sehr begrüßenswert ist. Denn ob es nun der primäre Grund für die Einteilung gewesen ist oder nicht: Die Erfolgsaussichten bei schwereren Verläufen sind bezüglich gefahrenarmer Bauchlagerung und vor allem invasiver Beatmung leider deutlich geringer, je mehr gerade auch abdomineller Mensch vorhanden ist. Es ist also zumindest in diesem Zusammenhang eine deutliche medizinische Indikation zur schnellen Impfung - auch, wenn selbstverständlich nicht alle in der Gruppe o.g. Risikoprofil aufweisen.
Aber da gebe ich dir Autorin recht: Es darf auch mal einfach ein bisschen was Gutes rumkommen.
zum Beitrag24.12.2020 , 10:37 Uhr
Sehr geehrte Frau Poser und alle lieben KommentatorInnen hier,
als tatsächliche Krankenhausärztin, die auch die Leitlinien kennt und im Gegensatz zu den meisten hier ggf. anwenden muss, stimme ich Ihnen vollumfänglich zu. Triage mit Ansage ist etwas komplett anderes als ein Massenanfall von Verletzten. Hier sind offenbar fast alle in der Gruppe, die sich in der Priorisierung keine Sorgen machen müssen. Frau Poser und viele andere Menschen mit Behinderung müssen seit Monaten hilflos dabei zusehen, wie Teile der Bevölkerung überhaupt erst für Fallzahlen sorgen, die Triage Thema werden lassen, in dem Wissen, dass die aktuellen Leitlinien sie ggf. umbringen. Das möchte ich herzlich bitten, einmal nachzuführen. Und natürlich werden die meisten Ärzt*innen nach der Leitlinie handeln, damit sie ebenfalls die moralische Verantwortung nicht alleine schultern und nachts schlafen können nach so einer Entscheidung.
Hier ist wieder systematische Diskriminierung von Menschen mit Behinderung gegeben. Und als Ärztin, die ggf. die Entscheidung trifft, möchte ich allen, die die aktuellen Leitlinien wohlwollend in u.a. meinem Namen rechtfertigen, sagen: Ich kann nicht ruhig schlafen, wenn ich sehe, dass Monate vorab für Menschen mit Behinderung klar ist, dass sie mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit keine Maximaltherapie erhalten als andere. Ich möchte nochmal betonen, dass diese Situation vermeidbar ist und es schon immer gewesen ist.
Und die Impfreihenfolge ist selbstverständlich ebenfalls zu kritieren. Wenn Altersgruppen pauschal ohne Berücksichtigung des indiviuellen Risikoprofils vor jüngeren Menschen mit höherem Risiko für einen schweren Verlauf zuerst geimpft werden, löst es bei letzteren Angst und Frust aus. Zurecht. Natürlich stoßen wir auch bei Alternativen an die Grenzen der Umsetzbarkeit.
Aber alles in allem aus einer ärztlichen Perspektive: Danke für diesen Artikel. Und alles Gute an Frau Poser.
zum Beitrag