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03.08.2018 , 09:02 Uhr
Ich befürchte, Sie verstehen das Konzept der Reisefähigkeit nicht und unterliegen zudem dem Fehler, dass es neben der Beurteilung der Reisefähigkeit in Abschiebungs- wie in Überstellungshaftfällen auch auf die Haftfähigkeit ankommt. Ist ein Gefangener nicht haftfähig, ist die Überstellungshaft von Amts wegen aufzuheben und eine weitere Inhaftierung rechtswidrig. Weigert sich der polizeiärztliche Dienst jedoch, einen kompetenten Facharzt oder eine Fachärztin für Psychiatrie hinzuzuziehen, so kann es zu einer aussagekräftigen Beurteilung dieser Frage nicht kommen.
Hinsichtlich der Reise(un)fähigkeit wird zwischen zwei Formen unterschieden. Sie sprechen die sog. Reise(un)fähigkeit im engen Sinne, d.h. im Sinne der Transportfähigkeit an. Reiseunfähigkeit in diesem Sinne liegt vor, wenn sich bei fehlender Transportfähigkeit, die auch vorliegen kann, wenn der Gesundheitszustand des Betroffenen sich durch die Abschiebung als solche wesentlich verschlechtern oder eine Lebens- oder Gesundheitsgefahr transportbedingt erstmals entstehen würde, ein Abschiebungsverbot (etwa aus Art. 2 Absatz 2 Satz 1 GG) ergibt.
Ein solches Abschiebungsverbot kann sich aber auch bei einem ernsthaften Risiko, dass der Gesundheitszustand als unmittelbare Folge der Maßnahme sich wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtern würde, ergeben. Man spricht dann von der sog. Reiseunfähigkeit im weiten Sinne. Diese liegt auch dann vor, wenn die zu erwartende erhebliche Verschlechterung des Gesundheitszustands nach der Ankunft durch eine ärztliche Anschlussbehandlung voraussichtlich wieder behoben bzw. geheilt werden kann. Die Betroffenen haben es nicht hinzunehmen, eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands erleiden müssen mit allen damit verbundenen Risiken einer späteren vollständigen oder jedenfalls weitgehenden Genesung.
Angesprochen ist im Artikel also im Zweifelsfall die zweitere Form der Reiseunfähigkeit. Ihr Vorhalt erscheint daher eher abwegig.
zum Beitrag03.08.2018 , 08:49 Uhr
Wieso halten Sie die Entscheidung des Gerichts anhand des Artikels für gut nachvollziehbar, wenn ich fragen darf?
Diese Aussage lässt, ohne Ihrer Antwort vorgreifen zu wollen, darauf schließen, dass Sie sich weder mit Artikel 28 der Dublin-III-Verordnung noch mit den konkreten Anhaltspunkten für das Vorliegen von Fluchtgefahr im Sinne dieser Verordnung nach § 2 Abs. 15 i.V.m. Abs. 14 AufenthG auseinandergesetzt haben.
Wenn sich eine Person einer Überstellung nicht widersetzt und sich nach Wiedereinreise bei der zuständigen Aufnahmeeinrichtung meldet, dann sind das gewichtige Gründe, dass sie sich diese Person dem Überstellungsverfahren nicht entziehen wird. Die bloße - ggf. unerlaubte - Wiedereinreise ist kein gesetzlich normiertes, objektives Kriterium für das Vorliegen von Fluchtgefahr. Genau das fordert aber Artikel 2 Buchstabe n der Dublin-III-VO.
Die Wiedereinreise ist Grund dafür, dass der Betroffene überhaupt dem Dublin-Verfahren unterzogen werden darf. Aber lesen Sie mal Artikel 28 Absatz 1 Dublin-III-VO. Da steht: "Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt."
Zu Ihrer zweiten Aussage: Ich befürchte, das können Sie - mal davon ausgehend, dass Sie kein*e Psychologe/-in sind und in Ferndiagnose, ohne den Betroffenen zu kennen, eine entsprechende Beurteilung über seine psychische Verfassung treffen können - genauso wenig wie ich beurteilen. Problem ist: Ein Allgemeinmediziner kann es auch nicht! Und noch weniger einer, der sich in der misslichen Doppelfunktion befindet, nicht nur die Gefangenen behandeln zu müssen, sondern eben auch für die folgenreiche Einschätzung ihrer Reisefähigkeit verantwortlich zu sein. Bei erheblichen Belastungssymptomatiken ist es daher angezeigt, einen Facharzt oder eine Fachärztin - hier für Psychiatrie - hinzuzuziehen. Dafür gibt es etwa in Bremen den Sozialpsychiatrischen Dienst.
zum Beitrag