: Ein Licht am Ende des Schornsteins
ATMOSPHÄRE China legt Klimaplan vor: Emissionen sollen um 2030 ihren Höhepunkt erreichen
BERLIN taz | Mit einem kräftigen Signal hat sich China beim Klimaschutz gemeldet: Der weltgrößte Verschmutzer der Atmosphäre will seinen Beitrag zum Klimawandel die nächsten 15 Jahre mehr oder weniger stabil halten und erst dann sinken lassen. Darauf laufen die chinesischen Klimapläne (im UN-Jargon INDC genannt) hinaus, die die Volksrepublik am Dienstag offiziell bei der UNO eingereicht hat.
Anders als die Industrieländer wie die EU (minus 40 Prozent gegenüber 1990 bis 2030) und die USA (minus 26 bis 28 Prozent gegenüber 2005) verspricht die chinesische Führung erst einmal keine Minderung ihrer Emissionen – aber einen Hoffnungsschimmer: Um 2030 sollen die Emissionen ihren Höhepunkt erreichen, dann sinken. Gleichzeitig will China seine Energieeffizienz so verbessern, dass zum Beispiel eine Tonne Stahl mit 60 bis 65 Prozent weniger Kohle erzeugt wird als noch 2005. Und China will bis 2030 den Anteil von nichtfossilen Energien (also erneuerbare und Atomkraft) von bislang 11 auf 20 Prozent erhöhen. Diese Werte schreibt China in seinen Klimaplan INDC, den alle UN-Länder bis zur entscheidenden Klimakonferenz in Paris im Dezember vorlegen sollen. Dort soll ein umfassendes Klimaabkommen beschlossen werden, das den Klimawandel bis 2100 auf höchstens 2 Grad Celsius begrenzt. Mit den bislang vorgelegten Plänen landet die Welt allerdings bei etwa 3 Grad. Auch mit dem Ziel aus Peking wird sich daran erst einmal nicht viel ändern.
Chinas Pläne sind sehr konkret. So verspricht das Land, über seine Zusagen vom Gipfel in Kopenhagen 2009 hinauszugehen. Dort hatten die Chinesen zugesagt, bis 2020 ihre Energieintensität um 45 Prozent zu verbessern (jetzt: bis zu 65), 15 Prozent der Energie anders als fossil zu erzeugen (jetzt: 20 Prozent) und 1,3 Milliarden Kubikmeter Wald aufzuforsten (jetzt: 4,5 Milliarden). Zudem will das Reich der Mitte kräftig in grüne Techniken investieren: Der Emissionshandel soll zum bestimmenden Instrument im Klimaschutz werden, der öffentliche Nahverkehr in den Städten auf 30 Prozent anwachsen, die Hälfte aller neuen Gebäude sollen „grüne Häuser“ sein und es soll allgemein ein „Lebensstil des niedrigen Kohlenstoffs“ propagiert werden. Armen Ländern will China beim Klimaschutz durch einen eigenen „Fonds für die Süd-Süd-Kooperation im Klimaschutz“ helfen.
Auch will das Land den Gebrauch von anderen Treibhausgasen wie HFC stark einschränken. Bis 2020 sollen 15 Prozent aus grünen Bereichen kommen. Der Anteil des Gases an der Energie soll bis auf 10 Prozent steigen.
China verweist stolz auf seine Fortschritte. So hat das Land seit 2005 seine Kapazitäten bei der Wasserkraft mehr als verdoppelt. Beim Wind stehen inzwischen 95 Gigawatt Anlagen am Netz, 90-mal so viel wie noch 2005. Und Solaranlagen liefern 400-mal so viel Strom wie vor zehn Jahren, insgesamt eine Leistung von 28 Gigawatt. Auch die Atomkraft, ebenfalls eine CO2-arme Energie, ist ausgebaut worden und liefert 3-mal so viel Strom wie 2005.
Für Experten ist der Vorstoß ein gutes Zeichen. Rechnet man mit einem Wirtschaftswachstum von 7 Prozent jetzt und etwa 5,4 Prozent zwischen 2020 und 2030, laufen die Vorschläge auf einen Ausstoß von etwa 10 Milliarden Tonnen CO2 hinaus, so Berechnungen von Greenpeace China. Das liegt nur gering über den Treibhausgasen, die China als weltweit größter Verschmutzer heute schon ausstößt – das gewaltige Wirtschaftswachstum der nächsten 15 Jahre würde dann zu einem großen Teil durch mehr Effizienz und andere Energieformen kompensiert.
Im Poker vor Paris macht China damit einen wichtigen Zug: Es legt ehrgeizige Ziele vor, die es aber noch übertreffen kann. So errechneten britische Forscher der London School of Economics vor Kurzem, Chinas Emissionen könnten bereits 2025 ihren Höhepunkt erreichen. Die chinesische Seite hat das zurückgewiesen, denn es würde den Druck auf sie nach ehrgeizigeren Zielen erhöhen. BERNHARD PÖTTER