: Musik mit und ohne Maske
Max Weissenfeldt ist zunächst einmal ein hervorragender Schlagzeuger. Sein Können hat er unter anderem mit seinem Bruder Jan als The Whitefield Brothers und an der Seite von Blues-Meister Dr. John oder HipHop-Exzentriker Madlib unter Beweis gestellt. Er ist aber zugleich Labelbetreiber mit Vision. Auf Philophon bringt der Wahlberliner seit zwei Jahren Vinyl-Schallplatten heraus, mit Aufnahmen, die stark vom Afrobeat der siebziger Jahre inspiriert sind.
Nach einigen Singles von afrikanischen Musikern wie Guy One und Roy X aus Ghana oder dem Äthiopier Hailu Mergia erscheint dort jetzt mit „Invisible Joy“ das erste Album der Polyversal Souls. Das ist zwar Weissenfeldts eigenes Projekt, aber es bündelt die bisherigen Aktivitäten von Philophon auf völlig stimmige Weise. Denn nicht nur sind Labelkünstler wie Guy One oder Hailu Mergia auf dem Album vertreten, die Polyversal Souls spielten auch umgekehrt schon auf deren Singles als Hintergrundband. Dass da überwiegend Musiker aus Berlin an den Instrumenten sitzen, merkt man den Stücken nicht an.
„Invisible Joy“ folgt dem Grundsatz von Philophon, handgemachte Musik zu produzieren statt elektronisch programmierte Klänge. Das bedeutet jedoch nicht, das sich Weissenfeldt jüngeren Entwicklungen verschließen würde. Seine eigene musikalische Biografie, die ihn vom HipHop über Soul zum Afrobeat führte, hört man im Gastauftritt des Rappers BAM von den Jungle Brothers oder dem gerappten Duett von Roy X und Lady Redred. Die Polyversal Souls und ihre Mitstreiter mögen an ältere afrikanische Traditionen anknüpfen, doch sie tun das aus der Gegenwart heraus.
An älteren, genauer gesagt, vorchristlichen Traditionen der Alpenregion orientiert sich seinerseits der aus Österreich stammende Schlagzeuger Andi Stecher auf seinem Soloalbum „austreiben / antreiben“. Konkret geht es ihm um Masken und die damit verbundenen Rituale. Der vor drei Jahren nach Berlin gezogene Stecher betreibt allerdings kein tönendes Versteckspiel, sondern arbeitet mit Verwandlungsprozessen, Klängen und Rhythmen, die langsam mutieren. Besonders majestätisch tut er das in „(un)durchdringbar“, das mit Schellenklängen beginnt und von dort in ruhigeres Fahrwasser gelangt, in dem Stecher die Spannung mit gestrichenen Beckentönen hält. Das Fremde kann, scheint es, sehr nah sein.
TIM CASPAR BOEHME
■ The Polyversal Souls: „Invisible Joy“ (Philophon); Release-Konzert: 3. 7., Yaam
■ Andi Stecher: „austreiben / antreiben“ (Heart of Noise Edition)