RAINER SCHÄFER RADIKALE WEINE :
Zwischen einstöckigen Bungalows versteckt liegt in der Provinzstadt McMinnville im amerikanischen Bundesstaat Oregon das Weingut Westrey. Im Hinterhof stehen Holzfässer, an denen sich David Autrey zu schaffen macht. Gemeinsam mit seiner Partnerin Amy Wesselman betreibt er das Weingut.
Es ist eng, der Winzer ist unrasiert, sein T-Shirt ist vom Rotwein eingefärbt. Aber auf Äußerlichkeiten und Statussymbole legt David Autrey keinen großen Wert: Viel wichtiger als ein imposantes Château sei es, möglichst gute Trauben zu erzeugen. Das ist ohnehin die überwiegende Haltung unter den einheimischen Winzern, während man im Nachbarstaat Kalifornien gerne mit dem protzt, was man hat. Dagegen ist Oregon im Nordwesten der USA ein wildes und ungezähmtes Weinland, viele Winzer sind sympathisch verschroben.
Man sieht sie kaum am Schreibtisch, Marketingstrategien sollen besser andere austüfteln. David Autrey und Amy Wesselman zählen zu denen, die man fast immer im Weinberg findet, wo sie sich mit schwieligen Händen um ihre Reben kümmern. Das Winzerpaar arbeitet möglichst handwerklich, es ist überzeugt davon, dass man „mit wenig Technik große Weine erzeugen kann“. Neben dem Pinot Noir gilt ihre Leidenschaft vor allem dem Pinot Gris. Eine Rebsorte, die in Europa auch als Grauburgunder oder Pinot Grigio die Supermarktregale füllt und es selten schafft, Eindruck zu hinterlassen.
Die Westrey Wine Company erzeugt Weine, die lange in der Flasche reifen können und dabei gewinnen: Der gut balancierte Pinot Gris aus dem Jahrgang 2009 zeigt immer noch eine erstaunliche Frische und Aromen von Nüssen und Steinfrüchten, seine pikante Würzigkeit und reife Säure verbinden sich mit seidiger Geschmeidigkeit. Es ist eine Interpretation der Burgunderrebe, die bekannte Geschmacksbilder hinter sich lässt und neugierig macht.
■ Pinot Gris 2009, Westrey Wine Company, 18,50 Euro, Bezug in Deutschland über oregonwines.de, oder 0 89-1 49 31 29