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Archiv-Artikel

THEATER

betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Das Deutsche Theater war schon vor hundert Jahren ein zeitgenössisches Autorentheater. Damals zeitgenössische Autoren wie Henrik Ibsen und Gerhart Hauptmann wurden hier entdeckt und für das Theater durchgesetzt. Oder Georg Büchner. Obwohl der schon lange gestorben und vergessen war, als eine Inszenierung seines fragmentarischen Revolutionsstücks „Dantons Tod“ Büchner 1916 fast über Nacht posthum zum Klassiker machte. Als zeitgenössisches Autorentheater empfindet sich das Deutsche Theater auch heute noch. Und so beginnt am 13. Juni die diesjährige Ausgabe der Autorentheatertage: Fast 20 Gastspiele, darunter 4 Uraufführungen, geben in zwei Wochen einen ziemlich repräsentativen Überblick zum State oft the Art des deutschsprachigen Gegenwartstheaters – sowohl was Ästhetiken als auch Themen und eben besonders Autorinnen und Autoren betrifft: von Elfriede Jelinek über Ferdinand Schmalz bis zu Nis-Momme Stockmann und Azar Mortazawi (Deutsches Theater: Autorentheatertage, 13. bis 27. Juni. www.deutschestheater.de).

Das Schönste an vielen zeitgenössischen Stücken sind oft ihre Titel. Die reißen manchmal weite Horizonte auf, in die man dann im Theater aber auch wirklich schauen möchte. „Apokalypse grau“ ist so ein Titel. Man denkt gleich an die donnernden und blutigen Dolby-Surround-Breitwand-Szenarios von Francis Ford Coppolas berühmtem (Anti-)Kriegsfilm „Apokalypse now“. Doch es kann passieren, dass plötzlich alle Farbe, aller Ton aus der Vorstellung verschwindet und man die Ödnis echter Apokalypsen spürt: Wenn die Welt nämlich nicht intensiv und donnernd untergeht, sondern einfach in Alltagstristesse sich auflöst. „Apokalypse grau“ eben. So heißt auch das neue Stück der Schaumstoffpuppenspieler „Das Helmi“, das am 12. Juni im Ballhaus Ost herauskommt. Ein verlorenes Kind namens Sylvester spielt darin eine Schlüsselrolle (Ballhaus Ost: „Apokalypse grau“, 12. & 13. Juni, jeweils 20 Uhr).

Von der Kunst und neureichen Banausen sowie ihrem erneuernden Einfluss handelt die Oper „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauß und Hugo von Hofmannsthal. Der mythische Stoff um die von ihrem Geliebten Theseus verlassene Ariadne ist nur ein Teil der Geschichte. Ein weiterer Strang ist die Geschichte einer etwas unorthodoxen Opernaufführung im Haus eines reichen Wieners, die sowohl künstlerisch als auch liebestechnisch ein Happy End hat. An der Staatsoper inszeniert der ungestüme Regiealtmeister Hans Neuenfels diese wundersonderbarste Oper der neuern Musikgeschichte (Staatsoper: „Ariadne auf Naxos“, Premiere 14. Juni, 19. 30 Uhr).