: Briefschreiber haben die Faxen dicke
POST Millionen Briefe bleiben liegen, wenn auch nur für kurze Zeit. Für Verbraucher kann das böse Folgen haben
VON SVENJA BERGT
BERLIN taz | Da ist dieser Mobilfunkvertrag, der unbedingt gekündigt werden soll, natürlich per Brief und auf den letzten Drücker. Was normalerweise glattgeht, kann in diesen Tagen zum Problem werden: Wenn die Post streikt und die Kündigung von Mobilfunkvertrag, Mietwohnung oder Versicherung nicht fristgerecht ankommt, hat der Verbraucher das Nachsehen.
Seit Montag streiken nach Angaben der Gewerkschaft Verdi mehrere Tausend Beschäftigte der Deutschen Post – unbefristet. Sie wollen höhere Löhne und gleichzeitig verhindern, dass Beschäftigte in eine Tochtergesellschaft ausgelagert werden (siehe Text unten). Nachdem gestern vor allem Briefverteilzentren bestreikt wurden, soll der Streik in den kommenden Tagen auch auf Briefträger und Paketboten ausgeweitet werden.
Die Post verspricht, dass die Sendungen durch den Streik nur kurz liegen bleiben. Etwa 11 Prozent der Sendungen sollen ihren Empfänger einen Tag später als geplant erreichen. Doch das sind immer noch rund 7 Millionen Briefe täglich. Was, wenn die Kündigung des Mietvertrags darunter ist?
„Jede Partei ist selbst für ihre verschickten Schreiben verantwortlich“, sagt Julian Graf, Jurist bei der Verbraucherzentrale NRW. Das heißt im Fall einer nicht fristgerecht angekommenen Kündigung: Der Verbraucher hat das Nachsehen, der Vertrag läuft weiter. Da die Post Streiks als Haftungsgrund in ihren Geschäftsbedingungen ausgeschlossen hat, können Kunden entstehende Kosten aufgrund streikbedingt verspäteter Zustellungen auch nicht auf das Unternehmen abwälzen.
Die Verbraucherzentrale rät bei Schreiben, die kurzfristig ankommen müssen, auf andere Versandwege auszuweichen. Nicht auf E-Mails, die hätten vor Gericht keinen Bestand, auch mit Lesebestätigung nicht. Sondern am besten auf Faxe und am allerbesten mit Übermittlungsprotokoll, das zeigt, dass das Empfängergerät das Fax auch angenommen hat. Das sei aber nur möglich, wenn der Vertrag keine Kündigung in Schriftform vorschreibt – für solche Fälle rät Graf zur Wahl eines andere Postdienstleisters oder zum Expressversand. Der soll laut Deutscher Post weiterhin pünktlich abgewickelt werden.
Die Verantwortung des Absenders bedeutet umgekehrt aber auch: Erhalten Verbraucher verspätet ein Schreiben einer Behörde und verpassen damit eine Frist, können sie laut Graf eine Wiedereinsetzung in die Frist beantragen.
Wird der Streik wie angekündigt auch auf die Paketzustellung ausgedehnt, werden Händler auf andere Dienstleister ausweichen, wie etwa Marktführer Amazon bestätigte. Zwar ist DHL nach Angaben des Bundesnetzagentur auch beim Paketversand Marktführer. Doch hier gibt es mehrere größere Konkurrenten, wie die Otto-Tochter Hermes, GLS, DPD oder UPS. Gerade die letzten drei sind allerdings häufig wegen zweifelhafter Arbeitsbedingungen in der Kritik. So gewährten bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest nur DHL und Hermes den Testern Zugang zu den Betriebsstätten.
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