Blatter-Hasser und Komplize zugleich

DEAL Beim irischen Verband ist man stolz, der Fifa 5 Millionen Euro abgeknöpft zu haben. Doch wohin floss das Schweigegeld?

Delaney kam wohl nie der Gedanke, dass er zum Komplizen von Blatters korrupten Geschäften wurde

DUBLIN taz | John Delaney, Geschäftsführer des irischen Fußballverbands FAI, hat am Wochenende einen Rückzieher gemacht. Die 5 Millionen Euro, die der Verband 2009 von der Fifa kassiert hat, habe nichts mit dem irregulären Tor der Franzosen zu tun, das Irland die Teilnahme an der Weltmeisterschaft in Südafrika vermasselte. Am Donnerstag, als die Zahlung bekannt geworden war, klang das noch anders, und auch im Vertrag zwischen FAI und Fifa, der am Wochenende veröffentlicht wurde, heißt es explizit, das Geld sei eine Entschädigung für den Handball.

Es ging um das Qualifikationsspiel zur WM 2010 in Südafrika. Die Iren hatten das Hinspiel in Dublin mit 0:1 verloren, führten aber nach Ende der regulären Spielzeit im Stade de France mit 1:0 – also Verlängerung. In der 103. Minute gab es einen Freistoß für Frankreich. Der hätte bereits abgepfiffen werden müssen, denn zwei Franzosen standen deutlich im Abseits. Und dann übersah das schwedische Schiedsrichtergespann auch noch ein doppeltes Handspiel von Thierry Henry, bevor William Gallas zum Ausgleich einköpfte. Es war kein flüchtiges, versehentliches Handspiel: Henry führte den Ball zweimal mit der Hand wie ein Basketballspieler, bevor er ihn vor das Tor bugsierte. Die Wiederholung im Fernsehen zeigte, dass der Linienrichter freie Sicht auf Henry hatte.

Die fünf Millionen Euro sollten zurückgezahlt werden, wenn sich Irland für die Weltmeisterschaft 2014 qualifiziert hätte. Da das nicht der Fall war, schrieb die Fifa die Summe ab. Das Geld taucht aber in der Bilanz der FAI nirgendwo auf – weil sich die FAI zu Stillschweigen verpflichtet habe und bei Verstoß 250.000 Euro Strafe fällig gewesen wären, behauptet Delaney. Die Summe sei in den Umbau des Aviva-Stadions in Dublin geflossen. Dafür hat die FAI allerdings Geld vom Staat kassiert. Was ist mit den fünf Millionen also geschehen, fragt sich auch der irische Premierminister Enda Kenny, der Delaney aufgefordert hat, die Karten auf den Tisch zu legen.

Delaneys Gehalt beträgt 430.000 Euro im Jahr. Das ist mehr, als sein spanischer und italienischer Amtskollege zusammen verdienen. Im vergangenen November war Delaney in die Schlagzeilen geraten, weil er nach dem Sieg Irlands gegen die USA in einem Pub ein Lied zu Ehren des IRA-Manns Joe McDonnell gesungen hatte, der 1981 im Hungerstreik gestorben war. Delaney entschuldigte sich dafür, betonte aber, das Video sei „hinterlistig mit einem Handy aufgenommen“ worden.

Für die fünf Millionen der Fifa und die Geheimhaltung der Zahlung entschuldigte er sich nicht. „Es war eine sehr gute und völlig legitime Vereinbarung für die FAI“, sagte er und brüstete sich damit, dass er Blatter noch nie leiden konnte. Delaney kam offenbar nie der Gedanke, dass er zum Komplizen von Blatters korrupten Machenschaften wurde, als er das Geld annahm und Stillschweigen versprach.

Allerdings haben sich die irischen Medien auch nicht mit Ruhm bekleckert. Die irische Ausgabe des britischen Boulevardblattes Sun hat bereits im Juli vorigen Jahres von der Zahlung berichtet, doch niemand griff das auf. Offenbar fand man, dass es ein genialer Schachzug war. Delaney dachte das wohl auch, als er am Donnerstagabend in einem Radio-Interview mit der Fifa-Zahlung prahlte. Selten ist ein Schuss so schnell nach hinten losgegangen. RALF SOTSCHECK