: Kampf um die Ahnengalerie an der Freien Universität
BILDERROULETTE Aktionsgruppe will, dass Porträts von Forscherinnen künftig mehr die FU-Wände zieren
Am renommierten Otto-Suhr-Institut (OSI) für Politikwissenschaften an der Freien Universität spielt sich seit Kurzem ein politisches Bildergeiseldrama ab. Tatort: die Ahnengalerie, eine Reihe von Porträts ausschließlich alter, weißer Männer. Am Montag, den 11. Mai 2015 tauchte dazwischen plötzlich ein weiteres Porträt auf: das von Angela Davis, einer afroamerikanischen Aktivistin, Marxistin und feministischen Theoretikerin. Nur zwei Tage später ließ die Fachbereichsverwaltung das Bild kommentarlos entfernen.
Vergangenen Mittwoch verschwand ein weiteres Portrait aus der Galerie: das von Richard Löwenthal. Statt des Fotos wurde in dessen Rahmen ein ErpresserInnenbrief hinterlassen, gezeichnet von der „Aktionsgruppe Bilderroulette“. In krakeliger Handschrift und ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben fordert die anonyme Gruppe dort, Angela Davis sofort wieder aufzuhängen. „Ihr Portrait soll symbolisch die Lücke füllen, die in der Lehre des OSI bis heute besteht“, erklären die VerfasserInnen in dem Schreiben.
Davis, die seit 2013 eine nach ihr benannte Gastprofessur für internationale Gender und Diversity Studies an der Universität Frankfurt am Main innehat, forsche in Bereichen, die am OSI „stark unterrepräsentiert“ seien.
Außerdem betont die anonyme Gruppe: „Die OSI-Galerie muss um Women of Color und andere nicht weiße ForscherInnen erweitert werden.“
Nun hat die Fachbereichsverwaltung geantwortet. Neben dem gerahmten Brief der Bildentführer hängt seit gestern eine Replik mit einem konkreten Vorschlag: ein Wettbewerb unter den Studierenden für die Neugestaltung der Wand. Voraussetzung für eine neue Galerie sei, „dass sie die Gemeinsamkeiten aller Mitglieder des gesamten Fachbereichs widerspiegelt“.
Mehr Women of Color
Fachbereichsleiterin Andrea Günther sympathisiert mir der Aktion der Gruppe Bilderroulette. In ihren zwei Jahren am Institut sei ihr nicht aufgefallen, dass in der Galerie nur weiße Männer vertreten seien, erst die Entführung habe sie darauf aufmerksam gemacht. Dennoch sagt sie: „Es geht es aber nicht, dass einfach was weggenommen wird, es geht auch um den Umgang mit fremdem Eigentum.“
Die anonyme Aktionsgruppe zeigte sich in einer E-Mail an die taz „begeistert“ von dem Brief. Sie bezweifelt aber, dass das „Gemeinsame des Fachbereichs“ wirklich anders aussehen würde als die Ahnengalerie, da die Lehre nach wie vor von weißen Männern dominiert werde. Würde Davis nicht herausgegeben, würden sie sich „auf anderen Wegen ihren Platz an dieser Wand suchen“. LOU ZUCKER