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Archiv-Artikel

Jedes Opfer kann bis zu 10.000 Euro beantragen

MISSBRAUCH Das Ergänzende Hilfesystem für Betroffene wird ausgebaut. Aber es ist bislang kaum bekannt

Bisher haben 894 Opfer Hilfen bekommen

BERLIN taz | Betroffene von sexuellem Missbrauch können ab sofort auch vom Deutschen Sportbund, der katholischen Caritas und dem Deutschen Roten Kreuz Hilfe bezahlt bekommen. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) gab am Dienstag bekannt, dass diese Organisationen dem Ergänzenden Hilfesystem (EHS) beigetreten seien. Diesem Gremium gehören bereits die Kirchen an. Als erstes Bundesland ist Hamburg beigetreten. Alle anderen Bundesländer sollen in Kürze folgen, sagte die Ministerin.

Seit Mai 2013 können Betroffene beim EHS Sachleistungen beantragen, um Folgen des sexuellen Missbrauchs in der Kindheit oder Jugend abzumildern. Dazu gehören Therapien, Betreuungskosten oder Weiterbildungen. Teil des Hilfesystems ist der Fonds „Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“, in den der Bund und die Länder Bayern und Mecklenburg-Vorpommern 58,6 Millionen Euro eingezahlt haben. Ein zweiter Bereich ist für Betroffene von sexueller Gewalt in Institutionen zuständig. Eine Clearingstelle berät über die Anträge und leitet sie an die teilnehmenden Institutionen weiter. Bis zu 10.000 Euro können unter www.fonds-missbrauch.de beantragt werden, auch von Kindern.

Bislang erhielten 894 Personen Leistungen in Höhe von 5,7 Millionen Euro aus dem EHS, die meisten aus dem familiären Bereich. Dass sich bislang nur 3 Prozent der Betroffenen von Missbrauch in Institutionen meldeten, liege an der mangelnden Bekanntheit des EHS – und an der sporadischen Mitwirkung der Bundesländer.

Schwesig wies darauf hin, dass der EHS nur eine Übergangskonstruktion sei. Anträge können noch bis Ende April 2016 gestellt werden. Danach soll das Opferentschädigungsgesetz (OEG) sämtliche Ansprüche bündeln. Das OEG kommt allerdings nur stockend voran. Betroffene fürchten, dass es dann eine Lücke geben wird. NINA APIN