: Nach 320 Jahren doch mal ein Kurswechsel
FRISCHER WIND Die Akademie der Künste wird jetzt erstmals von einer weiblichen Doppelspitze geleitet
„Nichts ist erledigt“, steht auf einem Plakat, das die Fassade der Akademie der Künste (AdK) am Pariser Platz ziert. Das umreißt auch gut die Position der neuen AdK-Spitze, die sich am Sonntagmittag im Clubraum unterm Dach der Presse vorstellte. „Wir Künstler haben die Pflicht, uns in gesellschaftliche und kulturelle Debatten einzumischen und unsere Stimme zu erheben“, betonte Jeanine Meerapfel, die am Samstag bei einer Mitgliederversammlung zur neuen Präsidentin der Künstlersozietät gewählt worden war.
Die deutsch-argentinische Filmregisseurin, die mit Filmen wie „Annas Sommer“ oder „Der deutsche Freund“ bekannt wurde, würdigte die Arbeit ihres Amtsvorgängers Klaus Staeck, der nach drei Amtszeiten nicht wieder kandidieren durfte. Die Akademie befinde sich in einem sehr guten Zustand, habe wieder Gewicht im gesellschaftlichen Diskurs erlangt, so Meerapfel. Dennoch könne man sich in den beiden Häusern am Pariser Platz und am Hanseatenweg nicht zurücklehnen. Es gebe viel zu tun: die Diskussion über den öffentlichen Raum, über Kultur im Spannungsfeld der Märkte wachhalten, den Austausch von künstlerischer Wissensproduktion vorantreiben, die Internationalisierung der AdK ausweiten. Besonders in der Solidarisierung mit KünstlerInnen in Krisenländern sieht Meerapfel eine wichtige Aufgabe. Auch die von Staeck etablierten öffentlichen Akademiegespräche will sie fortführen.
Neue Vizepräsidentin wird die Salzburger Autorin Kathrin Röggla. Die beiden Frauen, die ihre Ämter gleichberechtigt als Doppelspitze ausfüllen wollen, sind die ersten weiblichen Führungskräfte des Künstlerklubs, der nur 22 Prozent weibliche Mitglieder zählt.
Resultat einer gezielten Frauenförderung? „Nach 320 Jahren ist es an der Zeit, nicht?“, kommentierte Meerapfel, die mit trockenem Humor sämtliche Presseanfragen parierte. Was das spezifisch Weibliche an ihrer Amtsführung sei, wollte jemand wissen. Nun ja, sie führe viele weibliche, also überaus warmherzige Gespräche mit männlichen Programmdirektoren, so die Antwort. Ob die Akademie keine Nachwuchsschwierigkeiten habe? „Wie Sie an uns beiden sehen, ist es eine Mär, dass in der AdK nur alte Säcke sind“, sagte die 71-Jährige mit Verweis auf ihre 43-jährige Stellvertreterin.
An Esprit und Schärfe wird es in den kommenden Jahren also nicht mangeln. Im Senat, dem wichtigsten Gremium der 403 Mitglieder zählenden Akademie, bleiben die Führungskräfte dagegen männlich: Filmemacher Rosa von Praunheim ist neuer Leiter der Filmsektion, Ulrich Peltzer leitet die Literatur, die Sektionen Bildende Kunst, Baukunst und Musik werden von Wulf Herzogenrath, Michael Bräuer und Manos Tsangaris geleitet. NINA APIN
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