: Das Thema der Woche
Die Kunst des Vergessenwerdens
Mit welchem Recht?
■ betr.: „Die Kunst des Vergessens“, taz.nord vom 16. / 17. 5. 15
Ich weiß schon, warum ich kaum meinen Klarnamen verwende, oftmals mit mehreren Profilen unterwegs bin und es auch vermeide, fotografiert zu werden. Weil ich nicht weiß, was die Zukunft bringt.
Blöd, wenn man irgendwo mit reingezogen wurde und quasi nichts machen konnte. Auch blöd, wenn man früher nicht drüber nachgedacht hat und jetzt was Unangenehmes hochkommt.
Ich glaube, so etwas nennt man Medienkompetenz und sollte wohl wenn möglich schon in der Grundschule von kompetenten Lehrkräften unterrichtet werden.
Aber das sagt sich so leicht. Wenn die Kacke einmal dampft, dann muss man die halt wegwischen. Aber wie und mit welchem Recht? Ich tue mich da sehr schwer mit dem Recht auf Vergessen. Google wird verpflichtet, Dinge zu löschen. Tausende, zehntausende, was weiß ich wie viel Einträge. Aber wer setzt die Regeln fest? Was will man vergessen? Ist es erlaubt, eine Vergewaltigung zu vergessen? Einen Mord? Ist es erlaubt, eine ansteckende Krankheit zu vergessen, obwohl die Person sich unverantwortlich verhält? Da kann man doch tausend solcher Fragen stellen.
Letztlich ist es möglich, alles zu vergessen. Behalten wir doch nur noch die schönen Erinnerungen. Friede, Freude, Eierkuchen oder so.
Wirklich schwierig, ich habe dazu noch nicht wirklich eine Meinung. So viel läuft auch nämlich dagegen. Die Leute fotografieren andere Leute (als Begleiterscheinung vielleicht nur) in der Öffentlichkeit, laden es auf irgendeiner asozialen Plattform hoch, und dort wird man mittels im Hintergrund laufender Gesichtserkennung erkannt und Zeit und Ort, wo man war, irgendwo gespeichert. Oder die ganzen Überwachungskameras, die mittlerweile schon überall auch von privat betrieben werden und wo sicherlich kein Datenschutz betrieben wird. Ist das noch das gleiche Thema? Würde sich da mal jemand drum kümmern? GEORG S., taz.de
Aufgabe von Journalisten
■ betr.: „Die Kunst des Vergessens“, taz.nord vom 16. / 17. 5. 15
Zu dem ersten von Ihnen beschriebenen Fällen habe ich da mal eine Frage: Was heißt das, dass der Justitiar einschränkte, eine neue Berichterstattung sei unzulässig? In welchem Kontext fiel diese Einschränkung? Denn dass eine der Korruption überführte Person der Zeitgeschichte versucht, Berichte über ihr Vergehen löschen zu lassen, hat doch selbst Nachrichtenwert. Gerade weil es offenbar regional beschränkt war, rechtfertigt es zwar sicherlich keine zweiseitige Berichterstattung. Dennoch hat so etwas in sich selbst Nachrichtenwert.
Wie hat der es überhaupt geschafft, dann seinen Namen zu ändern? Bedeutet das, dass er einen neuen Personalausweis mit neuem Namen erhalten hat? So einfach ist das ja auch nicht.
Korruption basiert gerade auf Vertuschung. Und es ist die ausdrückliche Aufgabe von Journalisten, Vertuschungsversuche aufzudecken. Solch ein Gerichtsurteil finde ich deshalb äußerst problematisch.
Ein völlig anderer Fall liegt vor, wenn eine Privatperson unverschuldet in eine Straftat eines Anderen hereingezogen wird oder aus verschiedenen Gründen im Internet gemobbt wird. Wenn Kollegen fragwürdige Videos im Namen der Person verbreiten. Dann besteht ohne Frage ein Recht auf Vergessen. SMARAGD, taz.de
Yottabites
■ betr.: „Die Kunst des Vergessens“, taz.nord vom 16. / 17. 5. 15
Es gibt kein Löschen – nur ein nicht mehr Finden. Das liegt an den Speicherkapazitäten: Rechenzentren haben Yottabites (Nerds benannten das wohl nach Yoda) – ein Yottabite langt für sieben Milliarden Filme, jeweils drei Stunden lang. LARS WILLEN, taz.de
Am vergangenen Wochenende beschäftigten wir uns mit dem Rechts aufs Vergessenwerden – und seiner Durchsetzung. Was könnten Leute tun, die bestimmte Einträge von sich im ewigen Datenspeicher des Internets weghaben wollen? Und wie sind ihre Erfolgsaussichten?