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Archiv-Artikel

Mehr Gerechtigkeit für Mieter

WOHNUNGSSUCHE Ab dem ersten Juni gilt auch bei der Beauftragung von Maklern: Wer bestellt, der zahlt. Damit werden werden künftig die Vermieter zur Kasse gebeten

VON JÖRDIS FRÜCHTENICHT

Zum ersten Juni tritt das Bestellerprinzip bei Maklerprovisionen in Kraft. Dadurch soll nun auch auf dem Immobilienmarkt durchgesetzt werden, was überall sonst im Geschäftsleben akzeptiert wird: Der Auftraggeber zahlt die Rechnung.

Bislang zahlen vor allem in Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt meist die Wohnungssuchenden die Courtage, obwohl für gewöhnlich der Vermieter dem Makler den Auftrag erteilt hat. Zahlen sollen Mieter künftig also nur, wenn sie selbst den Makler beauftragt haben – und die künftige Wohnung exklusiv besichtigen. Die Reform greift nur bei Vermietungen, beim Kauf und Verkauf von Immobilien ändert sich nichts.

Christian Osthus von der Maklervereinigung „Immobilienverband Deutschland“ (IVD) meint, die Neuregelung erweise den Mietern einen Bärendienst: „Makler werden in Zukunft eventuell keine Aufträge von Wohnungssuchenden mehr annehmen, da sie eine Wohnung nur einem einzigen Auftraggeber anbieten können und die Bezahlung nur bei einer erfolgreichen Vermittlung erfolgt.“ Dadurch verkleinere sich der öffentlich zugängliche Wohnungsmarkt.

Siegmund Chychla, Geschäftsführer des Mietervereins zu Hamburg, begrüßt dagegen die Reform: „Dass Mieter, besonders bei einer angespannten Marktlage, die Courtage zahlen mussten, war uns schon lange ein Dorn im Auge.“ Nun gelte das Bestellerprinzip als allgemeines marktwirtschaftliches Prinzip endlich auch für Makler.

„Der erste Juni ist der Stichtag für die Regelung“, erklärt Chychla. Wenn von einem Mieter danach verlangt werde, die Maklerprovision zu zahlen, empfiehlt der Experte, zunächst zu bezahlen, um den Zuschlag für die Wohnung zu bekommen. „Dann sollte man sich an einen Mieterverein wenden, das Geld kann bis zu drei Jahre später vom Makler zurückverlangt werden.“ Sollte der Makler vor dem Stichtag beauftragt worden sein, muss er wie gehabt bezahlt werden – auch, wenn Wohnungsbesichtigung oder der Abschluss des Mietvertrags erst nach dem ersten Juni erfolgen.

Schlupflöcher, wie sich Vermieter die Provision vom Mieter zurückholen könnten, etwa durch überhöhte Abschläge für Küchen oder anderes Mobiliar, sieht Chychla nicht. „Wer das Gefühl hat, der Vermieter verlangt zu viel für einen Teppich, sollte den Preis im Internet überprüfen.“ Die Abstandszahlung darf nicht mehr als 50 Prozent des Wertes eines Gegenstandes betragen. „Eine uralte Küche kann sogar einen Wert von null Euro haben.“ Unseriöse Makler könnten Vermietern zwar von Tricks erzählen, so Chychla. Doch Interessenverbände und Anwälte überwachten die Makler.

Die Gefahr, dass der Vermieter die Provision auf die Miete aufschlägt, sieht Chychla nicht: „Mit der Mietpreisbremse darf die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der örtlichen Vergleichsmiete liegen. Wie soll da die Courtage dazwischen gequetscht werden?“

Bernd Richter, Geschäftsführer des Immobilieneigentümer-Vereins Haus und Grund Bremen, sieht das anders: „Die Provision wird wohl auf den Mietpreis aufgeschlagen werden.“ Gerade kleine Vermieter hätten die Miete meist relativ niedrig kalkuliert, so dass ein Aufschlag auch mit Mietpreisbremse möglich sei. „Es ist eine Frage der Mietenkalkulation. Wenn man eine Wohnung für eine Kaltmiete von 350 Euro vermietet und davon ausgeht, dass die Mieter drei Jahre bleiben, ergibt sich ein Aufschlag von 20 Euro pro Monat.“

Auf einen Makler verzichten können Vermieter laut Richter dann, wenn sie sich selbst im Mietrecht auskennen und Immobilieneigentümer-Vereine konsultieren. Wer einen Makler beauftrage, müsse unbedingt auf die Qualifikation achten. „Eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann oder -fachwirt ist wichtig, zusätzlich sollte sich der Makler im Mietrecht auskennen.“ Qualitätsstandards für Makler gibt es bisher nicht.

Während Maklerverträge bislang schon durch eine mündliche Vereinbarung zustande kamen, müssen sie in Zukunft schriftlich festgehalten werden – eine E-Mail genügt.