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Archiv-Artikel

Die Jungen klären auf

GRÜNE Vorstellung des Pädophilieberichts

Es war ganz still im Konferenzraum des grünen Landesverbands, als Daniel Wesener eine persönliche Bemerkung ankündigte: „Als schwuler Mann“, sagte der grüne Landeschef, „weiß ich, was ich der Schwulenbewegung verdanke. Umso schrecklicher ist für mich, dass damals von manchen in der Alternativen Liste, die sich als Teil dieser Bewegung verstand, Homo- und Pädosexualität als zwei Seiten einer Medaille interpretiert wurden.“

Daniel Wesener, geboren 1975, hat zusammen mit der Kovorsitzenden Bettina Jarasch, Jahrgang 1968, den Bericht der Pädophilie-Kommission der Berliner Grünen vorgestellt. Dabei machte er deutlich, dass die Alternative Liste (AL), wie die Grünen bis 1993 in Berlin hießen, innerhalb der Bundespartei eine besonders unrühmliche Rolle spielte. „Es gab in Berlin zwei strafrechtlich verurteilte pädosexuelle Täter. Und die Berliner Debatte ging bis Mitte der 90er Jahre, also länger als im Bund.

Die Berliner Debatte, das war der Versuch, die Paragrafen 174 und 176 StGB zum sexuellen Missbrauch von Kindern abzuschaffen. Gleich zweimal seien die Berliner Grünen von pädosexuellen Aktivisten unterwandert worden, so Wesener. Einmal in den 80er Jahren und noch einmal zu Beginn der 90er. Eine eindeutige Distanzierung der Partei von ihren Forderungen habe es nicht gegeben.

Bettina Jarasch ergänzte: „Erst mit dem Parteiausschlussverfahren gegen Fred Karst verschwanden die Pädo-Protagonisten. Mit ihnen verschwand auch das Thema. Eine Aufarbeitung fand nicht statt.“ Ausdrücklich bat Jarasch „im Namen der Berliner Grünen“ die Opfer um Entschuldigung.

Jarasch und Wesener gehören zu jenen Grünen, die die damalige Zeit ihrer Partei nur vom Hörensagen kennen, oder nun aus der Archiven und Zeitzeugengesprächen. Bei der Vorstellung des Berichts war zu spüren, wie fremd ihnen das war, was sie am Mittwoch vortragen mussten. Und dennoch sind es erst 20 Jahre her, dass sich die pädophilen Aktivisten zurückzogen.

Eine der wenigen Grünen, die damals offen einen „einvernehmlichen“ Sex mit Kindern kritisierten, war Marianne Burkert-Eulitz von der Kreuzberger Frauengruppe der AL. „Es erfüllt mich mit Genugtuung, dass das jetzt thematisiert wird“, sagte sie. „Damals waren wir mit dem Thema allein.“ Das bestätigt auch Wolfgang Wieland. Der ehemalige Bundestagsabgeordnete sagte, damals haben man den Schwulenbereich der AL einfach machen lassen, ohne allzu genau hinzuschauen.

Die taz dokumentiert Auszüge aus dem Bericht, der ausdrücklich kein Abschlussbericht sein soll. „Denn die Perspektive der Opfer kennen wir noch gar nicht. Bislang hat sich nur einer gemeldet“, so Jarasch. UWE RADA

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