: „Die Krise durch einen Dialog überwinden“
MAZEDONIEN Für Ali Ahmeti, Chef der wichtigsten Albanerpartei, ist ein Rückzug aus der Regierung kein Thema. Nur eine Untersuchung kann klären, wer hinter den tödlichen Krawallen in Kumanovo steckt
■ 56, ist Chef der albanischen Partei Demokratische Union für Integration (kurz DUI). 2001 war er politischer Führer der mazedonischen UÇK während des albanischen Aufstands in Mazedonien.
taz: Herr Ahmeti, Sie als Parteivorsitzender der zur Zeit wichtigsten albanischen Partei in Mazedonien, der Demokratischen Union für Integration, haben derzeit eine Schlüsselfunktion. Sie können durch den Austritt aus der Regierung die Regierung Gruevski stürzen.
Ali Ahmeti: Wir stecken inmitten einer tiefen politischen Krise in Mazedonien. Unsere Partei will diese Krise durch einen Dialog zwischen den wichtigsten Parteien des Landes überwinden. Wir sind für Gespräche. Teilnehmen werden die Partei von Regierungschef Gruevski, die Sozialdemokraten und die beiden größten Albanerparteien, also auch wir.
Aber jetzt muss doch gehandelt werden, viele Menschen, auch Albaner, fordern das …
Wenn wir sofort aus der Regierung austreten würden, würde das doch die Krise nur verschärfen. Das wollen wir nicht. In diesem Dialog sollte über die wichtigsten kritischen Punkte gesprochen werden, wie die Medienfreiheit und die Justizreform. Unsere Partei hält fest an dem Ziel der euroatlantischen Integration. Wir erwarten, dass Washington und Brüssel uns in diesem Dialog unterstützen.
Es gibt ja nicht nur die Konflikte zwischen Sozialdemokraten und Regierungspartei, sondern auch zwischen den Volksgruppen. Was wollen die Albaner?
Natürlich gibt es Unzufriedenheiten auf beiden Seiten. Aber Emotionen helfen nicht, wir müssen rational handeln. Die Albaner Mazedoniens sind zu 100 Prozent für die Integration des Landes in die Europäische Union und in die Nato.
Offenbar nicht alle. Es gibt viele offene Fragen in Bezug auf die Ereignisse in Kumanovo. 8 Polizisten und angeblich 14 Albaner wurden getötet. Was ist passiert?
Auch wir verstehen bisher nicht ganz, was diese Gruppe von Albanern dort wollte, wer sie organisiert und ihnen geholfen hat. Wir brauchen eine gründliche Untersuchung mit internationalen Standards. Wenn die Wahrheit ans Tageslicht kommt, wird dies uns allen nützen, Kosovo und Mazedonien.
Quellen aus der kosovarischen Regierung behaupten, dass der mazedonische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte, dass es vier Treffen zwischen mazedonischen Geheimdienstlern und Leuten aus der Gruppe von Kumanovo gegeben hat …
Ich kann das nicht beurteilen …
Und Sie persönlich hatten keinen Kontakt mit dieser Gruppe?
Ich habe das schon öffentlich gesagt. Einige dieser Leute waren 2001 meine Soldaten, einer war ein höherer Dienstgrad. Vor 14 Tagen hat einer meiner Stellvertreter mit ihm gesprochen und er hat gesagt, dass er mit dieser Gruppe nichts zu tun hat.
Was sind die Motive für die Aktion?
Ich kenne die Motive nicht..
Nach allem kann man sich vorstellen, dass der mazedonische Geheimdienst versucht hat, durch diese Aktion nationalistische Konflikte in Mazedonien und der Region anzuheizen.
Das muss zwischen den Regierungen in Kosovo und Mazedonien geklärt werden. Sie setzen in Ihrer Frage die Richtigkeit dieser Verschwörungstheorie voraus. Ich möchte das nicht ausschließen, aber die volle Wahrheit muss noch aufgedeckt werden. INTERVIEW: ERICH RATHFELDER