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Archiv-Artikel

MUSIK

hört auf den Sound der Stadt

TIM CASPAR BOEHME

Fiepen und Brummen mögen immer noch geeignet sein, um die Frage zu provozieren, ob so etwas denn überhaupt Musik ist. Bei jemandem wie Anthony Pateras wäre das allerdings um einiges zu kurz gegriffen. Der Australier bedient sich zwar, wenn er, wie am Freitag im NK, ein elektronisches Programm spielt, schon mal solcher Laute. Doch der vielbeschäftigte Musiker ist in der Hauptsache Pianist und schreibt ansonsten Orchesterwerke oder Filmmusik. Solo aber experimentiert er gern am Synthesizer. Der ebenfalls solo aufspielende Schweizer Antoine Läng hingegen experimentiert mit den klanglichen Möglichkeiten seiner Stimmbänder, Gesang gehört dabei meistens nicht in sein Repertoire. Den steuert an diesem Abend dann die klassisch ausgebildete Sängerin Juliana Venter mit ihrem Projekt Spooky Attraction from a Distance bei. Zusätzlich lotet sie jedoch die Grenzen ihrer Stimme aus, um dem Bandnamen in spukhafter Absicht gerecht zu werden (Elsenstaße 52, 21 Uhr).

Bodenständiger geht es am Dienstag im Urban Spree zu. Zumindest in dem Sinne, dass die beiden Bands dort für – meist klare und übersichtliche – Rockstrukturen bekannt sind: Circle aus Finnland haben eine ausgeprägte Schwäche für repetitive Riffs, wie man sie im Krautrock erfolgreich geprüft und für gut befunden hat, sind zugleich aber ein anarchisch-durchgeknalltes Kollektiv, das immer mal wieder mit eher unberechenbaren Einfällen aufwartet. Zuverlässig motorisch sind dafür auf jeden Fall die Berliner Neo-Krautrocker Camera, die schon des Öfteren in dieser Zeitung für ihre Dienste im Namen der monolithischen Stasis angepriesen wurden, da wollen wir auch diesmal keine Ausnahme machen (Revaler Str. 99, 21 Uhr).

Eine noch zu entdeckende Musikerin ist die New Yorker Komponistin Gabrielle Herbst, die am Mittwoch im Acud ihren Berliner Einstand feiert. Unter dem Namen GABI hat sie vor Kurzem mit ihrem Debütalbum „Sympathy“ einen Kammerpop-Entwurf vorgelegt, bei dem ihre Stimme das Hauptinstrument ist, sich immer neu umkreist, in einem ganz eigenen Tempo atmet und gelegentlich um Instrumente wie Klavier, Bratsche oder Posaune ergänzt wird. Die Arrangements lassen an eine strengere Version des großen Antony Hegarty und seiner Johnsons denken – nur dass Herbst in ihrem Gesang auf offensichtlichen emotionalen Ausdruck und Vibrato verzichtet, was bei ihr allemal stimmig und ziemlich toll klingt (Revaler Str. 99, 21 Uhr).

Tolle Resultate darf man auch bei dem neuen Projekt erwarten, das der Schlagzeuger John Hollenbeck am selben Abend im WestGermany der Weltöffentlichkeit vorstellen wird. Vergangenen Herbst trat der für neue Formate höchst offene Jazzmusiker etwa mit sechs Vibrafonisten an, diesmal umgibt er sich mit drei Bassisten, genauer gesagt mit Dan-Peter Sundland, Robert Landfermann und Bernhard Meyer (Skalitzer Str. 133, 21 Uhr).