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Archiv-Artikel

Neuer Anlauf am Kabinettstisch

CHILE Auf acht Positionen hat die skandalgeschüttelte Präsidentin Michelle Bachelet ihr Kabinett umgebildet. Auch enge Vertraute mussten gehen

BUENOS AIRES taz | Chiles neues Kabinett steht. Fünf Tage nachdem Präsidentin Michelle Bachelet den Rücktritt ihrer gesamten MinisterInnenriege eingefordert hatte, stellte sie am Montag ihre Neubesetzungen vor. Auf acht Stellen hat die Präsidentin umbesetzt: Fünf Minister mussten ihren Hut nehmen, drei wurden auf andere Ministerien umgesetzt. Die wichtigste Änderung: Mit dem Christdemokraten Jorge Burgos rückt der bisherige Verteidigungsminister auf den Posten des Innenministers. Lediglich Außenminister Heraldo Muñoz war schon vergangene Woche in seinem Amt bestätigt worden.

Gehen musste auch der bisherige Wirtschaftsminister, der Sozialist Alberto Arenas. Sein Nachfolger ist der bisherige Präsident der staatlichen BancoEstado, der Sozialdemokrat Rodrigo Valdés. Mit Marcos Barraza an der Spitze des Sozialentwicklungsministeriums stellt die Kommunistische Partei zukünftig zwei Minister in der neuen Regierung.

Zwar hat Bachelet seit ihren Amtsantritt im März 2014 zwei ihrer versprochenen Reformvorhaben – Bildung und Steuern – auf den Weg gebracht. Aber der große Wurf, die grundlegende Reform der zum größten Teil noch aus der Pinochet-Diktatur stammenden Verfassung, steht noch aus. Auch wenn sie noch drei Amtsjahre vor sich hat, ist dies bei diesem tiefgreifenden Projekt wenig Zeit. Vor allem braucht sie dafür Handlungsfähigkeit und Rückhalt. Beides drohte in den letzten Wochen angesichts bekannt gewordener Fälle von Korruption, Vetternwirtschaft und umstrittener Zuwendungen für den Wahlkampf zu zerbröseln.

Als sicher galt deshalb, dass ihr bisheriger Innenminister Rodrigo Peñailillo nicht mehr dabei sein wird. Der Innenminister hat gleich nach dem Präsidenten das wichtigste Exekutivamt inne. Einen Vizepräsidenten sieht die chilenische Verfassung nicht vor. Nachdem immer deutlicher wurde, dass auch Peñailillo, politischer Ziehsohn der Präsidentin, in eine Affäre um dubiose Beraterhonorare verstrickt ist, hatten viele Beobachter mit seiner Entlassung gerechnet.

Eigentlich sollte die Kabinettsneubildung nach Bachelets eigenen Worten spätestens bis letzten Freitag erfolgt sein. Dann gab das Präsidialamt lediglich die Verlängerung bis Montag bekannt – Grund unbekannt.

Die Sozialistin Bachelet war als Kandidatin des Mitte-links-Bündnisses „Neue Mehrheit“ bestehend aus Christdemokraten, Sozialdemokraten, Sozialisten und Kommunisten ins Amt gewählt worden. JÜRGEN VOGT