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Archiv-Artikel

Flüchtlingssicherheit – auch nur eine Ware wie jede andere

SPAREN Der Stadt Essen ist ihr eigener Sicherheitsdienst in Flüchtlingsheim zu teuer

KÖLN taz | Die Stadt Essen hat indirekt für einen Dominoeffekt von Kündigungen ihrer Sicherheitsdienstleister gesorgt. Bereits Anfang des Jahres forderte die Stadt den Flüchtlingsheimbetreiber European Homecare auf, sich einen günstigeren Sicherheitsdienst als den aktuellen, die RGE, zu suchen. Das Irritierende daran: Die RGE ist ein städtisches Unternehmen.

European Homecare hat nun zum 30. April die Arbeitsverträge von 30 Mitarbeitern der RGE auslaufen lassen. 30 weiteren Mitarbeitern soll bald gekündigt werden. European Homecare ist nicht unumstritten. Im vergangenen Jahr geriet das Essener Unternehmen heftig in die Schlagzeilen: Bilder aus der ebenfalls von ihm betriebenen Flüchtlingsunterkunft in Burbach tauchten auf, auf denen Flüchtlinge misshandelt und erniedrigt wurden.

European Homecare kündigte daraufhin der Sicherheitsfirma SKI in all ihren Heimen. Seither war in Essen der städtische Dienstleister RGE eingesetzt. In Burbach wurde European Homecare als Betreiber abgezogen.

Verdi, die Linksfraktion in Essen sowie der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft kritisieren den jetzt von der Stadt Essen in Auftrag gegebenen Austausch der Security. Statt der RGE soll ab sofort die wesentlich günstigere Stölting Holding den Sicherheitsdienst übernehmen – mit 9,35 Euro pro Stunde sind deren Mitarbeiter wesentlich schlechter bezahlt als die der RGE, die außerdem eine dreijährige Ausbildung absolviert haben müssen. Die Linksfraktion spricht von „Lohndumping“ auf Kosten der Sicherheit der Flüchtlinge.

Skurril: Die Arbeitsplätze will die Stadt nun an anderer Stelle ausgleichen. Sie kündigte der Sicherheitsfirma der Philharmonie und will die RGE-Mitarbeiter dort einsetzen. In den Behelfsunterkünften bleibt dennoch die Sicherheit zum Dumpingpreis.

Die aktuellen Vorgänge zeigten, dass „besonders öffentliche Auftraggeber nichts aus den Geschehnissen gelernt“ hätten, kritisiert der Verband der Sicherheitswirtschaft, bei denen sowohl der alte Dienst RGE als auch die Stölting Mitglieder sind. Der Verband hatte früher schon betont, dass eine qualifizierte Betreuung „nicht zum Mindestlohn“ erfolgen könne. Sicherheit sei keine Ware wie jede andere.

HELKE ELLERSIEK