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Archiv-Artikel

Labore für Idealisten

WELTVERBESSERUNG Social Impact Labs helfen Nachwuchsunternehmern bei der Gründung von sozialen Firmen. Auch in Hamburg bekommen Neugründer für acht Monate Ratschläge und kostenlose Büroräume

VON BIRK GRÜLING

Juliane Eichblatt und Eva Neugebauer wollen die Welt verändern, wenigstens ein bisschen. Ihr Anliegen: Mehr Bewusstsein für regionale Lebensmittel schaffen. Für ihre Aufklärungsarbeit wählten die Hamburgerinnen einen eher ungewöhnlichen Weg. Sie gründeten ein soziales Unternehmen namens „Frischepost“. Die Idee: Sie liefern Produkte aus der Metropolregion an Kunden in der Innenstadt – direkt vom Feld auf den Teller.

„Unsere Wege sind kürzer als bei Supermärkten und die Herkunft der Produkte für den Kunden transparent“, erklärt Eva Neugebauer. Auch kleine Landwirte profitierten von ihrer Idee. Sie können ihre Milch, das Gemüse oder Fleisch direkt an die Verbraucher verkaufen und sind nicht von niedrigen Großhändlerpreisen abhängig. „Frischepost“ sieht sich als Vermittler mit pädagogischem Anspruch. „Wir wollen die Landwirte und ihre Produkte im Netz sichtbar machen und so die Verbraucher anregen, intensiver über ihren Konsum nachzudenken“, sagt Eichblatt. Geld verdienen sie mit ihrer Idee bisher kaum. Im Moment überwiegt der Idealismus.

Aus dem Wunsch die Welt zu verbessern, eine gute Geschäftsidee zu machen, ist nicht einfach. Hilfe bei der Entwicklung eines Geschäftsplan bekommen soziale Gründer deshalb in so genannten „Social Impact Labs“. Die Berliner Initiative wird maßgeblich von der Softwarefirma „SAP“ und dem Bundesfamilienministerium finanziert und bietet bundesweit Stipendienprogramme an. Acht Monate lang bekommen die angehenden Unternehmer einen Arbeitsplatz in einem Regionalbüro, Beratung und Workshops zu Gründerthemen. Finanzielle Zuschüsse gibt es dagegen nicht.

„Wir sehen uns als Gründungsbegleiter. Nach den acht Monaten sollen die Ideen gründungsreif und wirtschaftlich tragfähig sein“, sagt Dannie Quilitzsch vom „Social Impact Lab“ in Hamburg, das seit 2013 für die Nachwuchsunternehmer Büroräume nahe den Landungsbrücken anbietet. Das Spektrum der in Hamburg geförderten Ideen ist breit. Während sich die „Frischepost“ um das Ernährungsbewusstsein kümmert, organisiert zum Beispiel die „Hundebande“ die erste Ausbildungsphase von Blindenhunden durch weibliche Strafgefangene und entlassene Häftlinge. „Nessita“ bietet Sexualdienstleistungen für Senioren an und die „Fahrrad-Garderobe“ stellt Veranstaltungsbesuchern einen mobilen und sicheren Abstellplatz für ihr Rad.

„Jeder Gründer steht vor anderen Herausforderungen. Deshalb versuchen wir unser Beratungsprogramm individuell an die Startups anzupassen“, sagt Quilitzsch. Zum Beispiel gibt es Kurse zu Steuern, Marketing oder Mitarbeiterführung. Ein Angebot, von dem die „Frischepost“-Gründerinnen profitierten. „Gerade die Rechtsberatung von einem auf Gründungen spezialisierten Anwalt war ziemlich hilfreich. Wir hatten auch Kurse zu Online-Marketing oder Social Media“, erzählt Neugebauer. Außerdem besuchten sie ein Strategie-Seminar beim Konzern Thyssen-Krupp und konnten dort ihre Idee mit Experten diskutieren. Solche Impulse seien viel wert, sagt sie. Eine Erfolgsgarantie ist das aber noch lange nicht.

Ein Grund dafür liegt in der schwierigen Finanzierung von „Sozialen Startups“. Bei Banken und Investoren haben sie oft keine guten Karten, ihre Profit-Aussichten sind einfach zu gering. Die Folge: Viele der Gründungen sind abhängig von Ehrenamtlichen und engagierten jungen Leuten, die zum Teil in prekären Arbeitsverhältnissen stehen.

Um das zu verhindern, haben sich die „Frischepost“-Gründerinnen inzwischen erfolgreich um ein weiteres Stipendium beim Bundesbildungsministerium beworben – diesmal für Gründer mit akademischem Hintergrund, mit Aussicht auf eine hohe Fördersumme. Damit wären sie ihrer Idee von mehr regionaler Ernährung in Hamburg einen Schritt näher gekommen.

Übrigens hat auch der Paritätische Wohlfahrtsverband Hamburg „Soziales Gründen“ als Thema entdeckt. Bis zum 31. Mai können sich Projekte und Einzelpersonen mit ihren sozialen Ideen bei der Initiative „Pari Inno“ bewerben. Der Verband verspricht den Gewinnern eine umfassende und intensive Beratung.

Mehr Infos unter: http://hamburg.socialimpactlab.eu und www.pari-inno.de