LESERINNENBRIEFE
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Ein Stück der Verlogenheit

■ betr.: „BND-Affäre. Das Missverständnis“ von Martin Kaul und Tobias Schulze, taz vom 28. 4. 15

Verschwörungstheorien! Wie oft wurde dieser Begriff seit dem Beginn der NSA-Affäre, vor allem von den Regierungsparteien, benutzt, wenn es darum ging, diese NSA-Affäre endlich aufzuklären. Wie oft habe ich mich dann selber hinterfragt, inwieweit meine Vermutung, dass die Regierung selbst die Aufklärung zumindest behindert, stimmen könnte; weshalb Akten nicht einsehbar sein dürfen, weshalb Snowden nicht vor dem Ausschuss als Zeuge vernommen werden darf, ob ich zu rückwärts gewendet bin, wenn ich die diesbezügliche Politik der christlichen Parteien seit Konrad Adenauer als Ausgangspunkt der gesamten Geheimdienstproblematik in Deutschland betrachte. Und nun kommt, offensichtlich nicht widerlegbar, die gesamte Verstrickung der Regierung(en) seit 2000 heraus.

Dass hochrangige Politiker bis, ja, bis zur Kanzlerin selbst wissentlich Verstöße gegen unsere Verfassung zumindest seit 2008 geduldet und/oder mit getragen haben. Und alles wird wieder, entweder als Missverständnis oder als Verfehlungen der „unteren Ebenen“ interpretiert.

Was für ein eigenartiges Verständnis von Ehrlichkeit, von Übernahme von Verantwortung hat diese Regierung und vor allem diese Kanzlerin; um nicht den befremdlichen Begriff von Ehre zu benutzen? Wie soll der kritische Bürger den neuen Versuch, eine Vorratsdatenspeicherung einzurichten, hinnehmen und den Versprechungen, die daran geknüpft sind, vertrauen? Und es wird wieder so sein wie in der jüngeren Vergangenheit immer, Frau Merkel wird nahezu unbeschadet, wie Venus aus der Asche, aus der Geschichte hervorgehen. Und die SPD spielt wieder mit – ach ja, Herr Steinmeier war ja auch Mitspieler in diesem Stück der Verlogenheit.

ALBERT WAGNER, Bochum

Prächtig ausgetauscht

■ betr.: „Kongress mit Gedöns: Das war das taz.lab“, taz vom 27. 4. 15

Ich wusste, als „Putin-Versteher“, präziser formuliert, Russland-Versteher, hartnäckiger Sprachpatriarch, kritischer Betrachter von „Femen“-Aktionismus und „heimatloser Linker“ mit apokalyptischen Anwandlungen, würde ich es nicht so leicht haben, auf diesem „Gedöns-Kongress“. Jedoch frei nach dem lokalen Motto eines gewissen „Bolle“ habe ich mich dennoch prächtig ausgetauscht, informiert und belehren lassen. Es war also wie immer sehr belebend und eben taz-perfekt, „we are still family!“

Dank dafür an alle Macher und Helfer!

JÜRGEN SCHIERHOLZ, Bremen

Was ist das für ein Liebesleben?

■ betr.: „G-Punkt. Wenn der HNO-Arzt in den Schritt spritzt“ von Maxi Beigang, taz vom 25. 4. 15

Wenn es sich, wie hier, um ein Thema handelt, zu dem es so viele widersprüchliche Aussagen gibt, könnte sich eine wirklich fundierte Recherche lohnen. Der Einfachheit halber liste ich erst mal auf, was mir aufstößt.

1. Für LeserInnen, die nur Überschriften lesen, ist der Artikel eine deutliche Werbung. Ist das Absicht? 2. Es ist ein horrendes Drama, dass das weibliche Genitale nicht einmal den Gynäkologen bekannt ist. 3. Es ist, gelinde gesagt, völlig unverständlich, dass ein Gynäkologe wie Gräfenberg, der sich um die Erforschung des weiblichen Genitale einen Namen gemacht hat, diskreditiert wird. 4. Der „weibliche Schritt“ – aua! Warum ist es so schwer, dieses Körperteil beim Namen zu nennen? Vulva heißt es.

Sie befinden sich nicht allein im Dunkeln. Der G-Punkt müsste besser G-Zone heißen und ist ein Drüsengewebe, das sich zwischen Harnröhre und Vagina befindet. Bei manchen Frauen ist sie so stark ausgebildet, dass sie beim Höhepunkt ejakulieren. Der „Freudenfluss“ ist der männlichen Prostataflüssigkeit ähnlich und wird von den Betroffenen oft schamhaft vermieden, weil sie denken, sie würden urinieren. Wer die G-Zone ertasten will, spürt eine raue, geriffelte Stelle. Dies kann zuerst unangenehm sein, wird jedoch bei wiederholtem achtsamem Stimulieren neuronal mit dem Gehirn verknüpft und kann mit der Zeit wunderbare Lustgefühle wecken, was dann Beckenbodenkontraktionen anregt, was wiederum zum Orgasmus führen kann.

Im Paarkontakt schwillt die G-Zone, wie auch das Schwellgewebe der Klitoris, das den Vaginaleingang natürlicherweise verengt, bei zunehmender erotischer Spannung an. Das ist für Frau und Mann dann mit einer Verstärkung des Kontaktreizes beim Geschlechtsverkehr verbunden. Dieser natürliche körperliche Vorgang wird mit dem G-Shot simuliert.

Was ist denn das für ein Liebesleben, das immerzu Mittel, Operationen und Stimulanzien braucht, um überhaupt stattzufinden? In unserer durchgetakteten Zeit geht es wohl um pure sexuelle Verfügbarkeit. Wer wird sich denn lange damit aufhalten, sich zu entspannen, Wohlgefühl und Körperspürsinn zu entwickeln, sich gegenseitig Freude zu machen und auf den richtigen Zeitpunkt zu warten?

Ein Tipp am Rande: Frauen können ihr Sexualempfinden unglaublich steigern, wenn sie lernen ihre Beckenbodenmuskulatur zu spannen, zu entspannen und beweglich zu machen – da braucht es keine Sex-Chirurgie (Was hat sie langfristig für Folgen? Das würde mich interessieren!). Und noch ein zweiter Tipp, ganz kostenlos: Körperliche Zuwendung voller Liebe, mit Zeit und Hingabe ist ein wirklich stark wirksames Aphrodisiakum! Man kann sich ruhig einmal von den ASMR-Videos inspirieren lassen, es muss ja nicht so leise bleiben. BIRGIT KÜBLER, Sexualberaterin