: Das Ziel der Politik heißt Abschreckung
ASYL IN BERLIN
Eine Erstanlaufstelle für Asylbewerber, deren „Kunden“ Stunden um Stunden – oft tagelang vergeblich – vor der Tür warten müssen, um auch nur einen Antrag abgeben zu können. Die dann von der Behörde teils zurück auf die Straße geschickt werden: ohne Unterkunft, ohne Essen, ohne Geld. Eine Ausländerbehörde, die in einem Anfang der Woche bekannt gewordenen Vermerk schriftlich als Ziel formuliert, die „Rückführungsquote“, sprich: die Zahl der Abschiebungen zu erhöhen, um damit den „Ausreisedruck“ auf Flüchtlinge „aufrechtzuerhalten“.
So sieht derzeit Willkommenskultur in Berlin aus: Einer Stadt, die sich genau deren Verbesserung einst groß auf die Fahnen geschrieben hatte.
Doch seit zwei CDU-Senatoren die derzeit akutesten Bereiche der Integrationspolitik übernommen haben – Mario Czaja, als Sozialsenator verantwortlich für Flüchtlingsaufnahme, Frank Henkel, als Innensenator Chef der Ausländerbehörde –, hat sich der Wind gedreht. Das geht so weit, dass Ordnungsbehörden auch vor Rechtsbruch nicht mehr zurückschrecken, wie der Fall Banu O. jüngst zeigte. Die in Berlin geborene Türkin war trotz gegenteiliger Zusicherung aus der Ausländerbehörde in die Türkei abgeschoben worden, ohne Gepäck und ohne noch mit ihrem Anwalt sprechen zu dürfen: Gesetzeswidrig, befand im Februar das Verwaltungsgericht.
Das Ziel dieser Politik ist eindeutig. Es heißt nicht mehr, Willkommens-, sondern Abschreckungskultur fördern – eine widersinnige Politik in einer Stadt, in der die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung Flüchtlingen gegenüber groß ist und einwanderungsfeindliche Bewegungen kaum ein paar hundert Leute auf die Straße bringen. Sie zeigt aber, dass der Berliner CDU moderne Gesellschaftskonzepte wie etwa zeitgemäße Einwanderungs- und Partizipationspolitik nach wie vor nicht nur fremd, sondern zutiefst unheimlich sind: Man bleibt lieber beim Alten und vor allem unter sich.
Schade, dass der SPD auch nichts Besseres dazu einfällt und sie das alles vom kleinen Koalitionspartner so mit sich machen lässt … ALKE WIERTH