LESERINNENBRIEFE
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Ein schlichter Misantrop

■ betr.: „Die Geste und der Schmutz“, taz vom 16. 4. 15

Der sehr lesenswerte Aufsatz von Cord Riechelmann macht deutlich, dass die Faszination intellektueller Kreise für das Denken von Martin Heidegger – weit über Deutschland hinaus – inzwischen eigentlich nur noch auf den Modus seines Denkens (nicht den Inhalt als solchen) sich beziehen kann. Heidegger wird so gesehen, als hätte er die Philosophie aus ihrer „akademischen Ecke“ heraus stürzen wollen . Philosophie sei – entsprechend dem Vordenker Husserl – nur phänomenologisch zu begründen. Was den Inhalt seiner Schriften anbelangt, bleibt der „Jargon der Eigentlichkeit“ (Theodor W. Adorno).

Der ursprünglichen, antiken, griechischen Philosophie ging es ja gar nicht so sehr um Erkenntnis im Sinne von Kant, also um Erkenntnis an sich und für sich, sondern darum, wie der Mensch zu einem ihn befriedigenden, gelingenden Leben gelangen kann. Demgegenüber war Martin Heidegger mit seiner Großthese der „Seinsvergessenheit“ der Moderne ein schlichter Misantrop.

SIGURD SCHMIDT, Bad Homburg

Die falsche Trumpfkarte der Bahn

■ betr.: „Das Rückzugsgefecht“, taz vom 22. 4. 15

Praktisch alle Leitmedien hacken auf der GDL herum, also auch die taz. Besser wäre ein nüchterner Faktencheck. Der ergäbe, dass die Bahn seit Dezember das Problem verschleppt. Der ergäbe, dass alle bisher angerufenen Gerichte bis zur letztmöglichen Instanz der GDL recht gaben. Der ergäbe, dass die GDL aus Rücksicht auf die Bahnkunden über Weihnachten/Neujahr nicht gestreikt hatte, obwohl sie es gedurft hätte. Statt dieser unbestrittenen Fakten hält auch die taz die falsche Trumpfkarte der Bahn weiter im Spiel, indem sie behauptet, die GDL hätte ein bereits sicheres Verhandlungszwischenergebnis ruiniert. Neutrale Kommentare sehen anders aus.

ERNST ROLF, Düsseldorf

Bogen überspannt

■ betr.: „Siebter Streik in zehn Monaten“, taz vom 22. 4. 15

Für seine Rechte zu streiken ist richtig und gut, aber mittlerweile überspannt die GDL den Bogen erheblich. JULIA ENGELS, Esldorf

Ein Stück vom Kuchen

■ betr.: „Siebter Streik in zehn Monaten“, taz vom 22. 4. 15

Ich habe vollstes Verständnis für die Lokführer, denn sie wollen auch ein Stück von dem Kuchen abhaben, den bisher nur immer die Reichen in Deutschland unter sich aufteilen! Es kann nicht sein, dass eines der reichsten Länder der Welt die gesamte Arbeitnehmerschaft so schlecht bezahlt und die Inlandsnachfrage stagnieren lässt, während der Export boomt und das noch auf Kosten anderer europäischer Länder.

Die Bürger, die jetzt wieder stöhnen werden und die Bahn verfluchen, sollten erst einmal darüber nachdenken, dass die Lohnpolitik in Deutschland völlig schief steht: Wir sind zu einem Billiglohnland mutiert und produzieren immer mehr Armut in unserer Bevölkerung. Schuld an dieser Misere ist nicht allein die Wirtschaft, sondern sind auch die politischen Rahmenbedingungen, die diese Bundesregierung mit ihrem neoliberalen Wirtschaftskurs seit vielen Jahren initiiert. Deshalb sollten wir auch die anderen Streiks, wie bei den den Kitas oder den Lehrern, mit mehr Verständnis und Unterstützung quotieren! THOMAS HENSCHKE, Berlin

Alarmierend

■ betr.: „Neue Rekordmenge weltweit erreicht“, taz vom 20. 4. 15

Die Zahlen über den Anstieg der Elektroschrottmenge sind an sich schon alarmierend genug. Interessant wäre aber gewesen, wie sich der Anteil von hochwertigen Geräten wie Handys, Laptops etc. entwickelt hat. Denn darin stecken pro Gewichtseinheit sehr viel mehr wertvolle Rohstoffe und Schadstoffe als in den großen Haushaltsgeräten. WERNER BEHRENDT, Oldendorf

Seit 4.000 Jahren bekannt

■ betr.: „Das große Kribbeln im Kopf“, taz Gedöns vom 21. 4. 15

Bei dem beschriebenen Phänomen „ASMR“ handelt es sich um ein Körpererleben, das in den östlichen Kulturen seit 4.000 Jahren bekannt ist, gelehrt und geübt wird.

Die Empfindsamkeit für die Lebensenergie ist individuell sehr unterschiedlich in Intensität und Art der Erfahrung. Es kann, wie in dem Artikel beschrieben, als angenehme Form von Ameisenlaufen erlebt werden, als angenehmes Gefühl von Wärme, Kühle, Fließen oder einfach eine Form von Lebendigkeit sein. Nach Sicht der östlichen Weisheitslehren fließt die Lebensenergie in sogenannten Energieleitbahnen, auch Meridiane genannt. Mit bestimmten Techniken wie Akupunktur, Schröpfen usw. sollen die Meridiane geöffnet und der Chi-Fluss intensiviert werden. Qi-Gong-Übungen erleichtern mit dem regelmäßigen Üben das Spüren des Chi. Es erhöht deutlich die Gesundheit, steigert die Lebensqualität und führt zu innerer Harmonie. Ärzte, die sich mit traditioneller chinesischer Medizin beschäftigen, helfen bei der Pflege der Körperenergie und Qi-Gong oder Yoga-Lehrer sind damit auch gut vertraut. Wahr ist aber auch, dass sich die westliche Medizin und Psychologie mit diesem Phänomen noch nicht beschäftigt hat. Schade. PETER WEINER, Nürnberg