: Nichts als Friseure
In Hamburg sind doppelt so viele Ausländer arbeitslos wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Besonders trüb sieht es für Jugendliche aus, weil Betriebe lieber Deutsche einstellen. Migranten bleibt Großteil der Ausbildungsberufe dadurch versperrt
von EVA WEIKERT
Hamburger Betriebe tun sich schwer mit der Einstellung von Lehrlingen ausländischer Herkunft. Zugleich ist den jungen Migranten der Weg in den Großteil der Ausbildungsberufe versperrt. Das beklagten Vertreter des Arbeitsamtes, ausländischer Firmen und von Migranten-Projekten am Donnerstagabend bei einer Expertenrunde des Bündnisses Türkischer Einwanderer und der Interkulturellen Begegnungsstätte. „Die Betriebe müssen sich jungen Migranten öffnen“, mahnte Hüseyin Yilmaz vom DGB Hamburg, „dort gibt es gegen sie noch viele Vorurteile.“
In Hamburg lebende Ausländer sind doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen wie der Durchschnitt der Bevölkerung. Zugleich sind die ausländischen Arbeitslosen jünger. „Der Grund für diese Misere ist, dass Migranten in der Schule schlechtere Chancen haben und damit auch im Kampf um eine der knappen Lehrstellen“, erklärte Gewerkschafter Yilmaz, Experte für die berufliche Integration junger Migranten.
So breche in Hamburg ein Fünftel der Schüler ausländischer Herkunft die Schule ab, nur 15 Prozent schafften das Abitur oder die Fachhochschulreife. Die meisten jungen Migranten könnten den Hauptschulabschluss vorweisen. „Die haben aber kaum eine Chance, weil die Konkurrenz mit Abiturienten um die Lehrstellen massiv gestiegen ist“, sagte Yilmaz.
Obwohl es etwa 340 Ausbildungsberufe gibt, werden nur rund 20 davon Jugendlichen mit Migrationshintergrund angeboten, wie der DGB-Experte monierte. Vielen, auch hier geborenen, würde unterstellt, wegen ihrer Herkunft die deutsche Sprache nicht ausreichend zu beherrschen. Yilmaz forderte: „Da muss sich in den Köpfen der Ausbilder endlich etwas bewegen.“
Dass viele Jobs jungen Migranten verschlossen sind, berichtete auch Annegret Müller, die Schulabgänger in den Arbeitsämtern Eimsbüttel und Wandsbek berät. Migranten hätten große Schwierigkeiten, in Jobs zu kommen, die Deutsche favorisieren. „In die beliebten Medien- und Informatikberufe, wo zu 80 Prozent Abiturienten gefragt sind, schaffen es kaum Bewerber ausländischer Herkunft“, so Müller. Die würden zum Großteil Friseure, Verkäufer oder Arzthelfer oder gingen in die Gastronomie.
Wegen der schlechten Chancen auf einen festen Job machen sich viele Migranten selbständig. Seit 1989 wuchs die Zahl der Selbständigen unter den Migranten bundesweit um 70 Prozent, während sich die Zahl der Deutschen nur um ein Fünftel erhöhte. Darauf wies Kazim Abaci vom Hamburger Verein „Unternehmer ohne Grenzen“ hin, der Selbständige berät. Im Umgang mit Kammern und Behörden fällt Abaci „ein Mangel an interkultureller Kompetenz“ auf. Zwar sei ein Fünftel der Hamburger Bevölkerung ausländischer Herkunft. „Aber gehen sie einmal in die Handwerks- und Handelskammer“, beklagte Abaci, „da sehen sie keine Migranten.“