: Union schasst parteilosen Brender
ZDF Parteiauftrag erfüllt: Nikolaus Brender ist nicht mehr Chefredakteur des Zweiten Deutschen Fernsehens. Koch: Entscheidung „legitim“ und „zum Wohle“ des Senders
VON STEFFEN GRIMBERG
Während draußen der ZDF-Verwaltungsratsvorsitzende, der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD), die Haltung der Union nochmal als „völlig unverständlich“ geißelte, kamen die entscheidenden Protagonisten durch die Tiefgarage: Der hessische Ministerpräsident Roland Koch und seine Unions-Verwaltungsratskollegen haben mit ihrer Stimmenmehrheit im ZDF-Gremium eine Verlängerung des Vertrags des ZDF-Chefredakteurs abgelehnt.
Nur 7 der 14 VerwaltungsrätInnen stimmten bei der gestrigen Sitzung im ZDF-Hauptstadtstudio für den Personalvorschlag von ZDF-Intendant Markus Schächter – um Brender durchzubringen, wäre aber eine Drei-Fünftel-Mehrheit von 9 Stimmen nötig gewesen.
Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der im Parteiauftrag seit Februar Stimmung gegen den parteilosen Brender gemacht hatte, rechtfertigte den Durchmarsch der Union als „völlig legitim“. Die Verwaltungsratsentscheidung sei „zum Wohle des ZDF erfolgt“, so Koch nach der Sitzung vor der Presse.
Rechtsexperten hatten in den vergangenen Tagen erhebliche Zweifel an der gesetzlich gebotenen Staatsferne und der Verfassungsmäßigkeit der Zusammensetzung der ZDF-Gremien geäußert, in denen fast alle Mitglieder einer politischen Partei zuzuordnen sind. Im ZDF-Verwaltungsrat sitzen alleine 6 hochrangige Vertreter von Bundes- und Landesregierungen.
Nach Kochs Meinung wird diese „Verfassungsdiskussion“ über zu großen Einfluss der Politik beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk aber „zu Unrecht“ geführt. Und obwohl der Verwaltungsrat in erster Linie für wirtschaftliche Fragen zuständig ist, rechtfertigte er die Entscheidung weiterhin mit Verweis auf Brenders Management und inhaltliche Leistungen.
Man müsse sich fragen, ob unter Brender „das Kreativpotenzial des ZDF“ voll ausgeschöpft worden sei, zudem sei es legitim, nach zehn Jahren über einen Neuanfang nachzudenken, meinte der hessische Regierungschef. Hierbei seien aber nicht die journalistischen Fähigkeiten von Brender (60), der seit 2000 an der Spitze der ZDF-Chefredaktion steht, beurteilt worden, sondern seine Managementqualitäten, so Koch.
Kurt Beck erklärte dagegen, er bedauere die Entscheidung, und riet den Gremien der SPD, rechtliche Schritte gegen das Votum zu prüfen. Ganz möchte Beck den Einfluss der Politik beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk natürlich nicht missen: Die „Fehlleistung von Einzelnen“ dürfe jetzt nicht mit „der Fehlleistung des gesamten Systems gleichgesetzt werden“.
Die Grünen hatten bereits angekündigt, beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Normenkontrollklage über die Verfassungsmäßigkeit der Zusammensetzung der ZDF-Gremien einzureichen. Dazu sind sie auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen, da sich mindestens ein Drittel der Bundestagsabgeordneten der Klage anschließen muss.
Nun ist der Ball wieder bei ZDF-Intendant Markus Schächter: Ihm sicherte Koch das „uneingeschränkte Vertrauen“ des Verwaltungsrats zu. Die Affäre sei „kein Misstrauensvotum gegen den Intendanten“, der selbst Mitglied der CDU ist. Man sei schließlich lediglich „unterschiedlicher Auffassung bei einer Personalentscheidung“.
Intendant Schächter stellte sich gestern nochmals voll hinter Nikolaus Brender: „Ich bedauere die Entscheidung des Verwaltungsrats außerordentlich“. Nun soll noch vor Weihnachten einE neueR KandidatIn für die ZDF-Chefredaktion präsentiert werden, über die der Verwaltungsrat in einer Sondersitzung befinden soll.
Schächter kündigte aber indirekt Widerstand an: Die öffentliche Diskussion habe die „Grundsatzfrage“ über die jeweiligen Kompetenzen und den Umgang von Verwaltungsrat und Intendant beim ZDF aufgerufen, so Schächter: Die für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständigen Länder „sind nun in der Pflicht, bei der anstehenden Reform des Rundfunksstaatsvertrags hier belastbare Regelungen zu schaffen“. Will sagen: klar zu machen, dass der Verwaltungsrat bei derartigen Entscheidungen, die in die journalistische Unabhängigkeit des Senders eingreifen, nichts zu sagen hat.