: Hurra, es ist ein Weltbürger!
Humboldt-Forum-Intendanz
Das Aufatmen war erst einmal groß, als am Mittwoch bekannt wurde, dass Neil MacGregor, bisher Direktor des British Museum in London, von Monika Grütters, Kulturstaatsministerin des Bundes, als Gründungsintendant für das Humboldt-Forum berufen wurde.
Ein Weltbürger! Erfahren im globalisierten Ausstellungsgeschäft! Prominent! Die Seufzer der Erleichterung erwuchsen auch aus der Sorge, ob den großen Ankündigungen für diesen mit staatstragenden Erwartungen aufgeladenen Ort nicht wieder Berliner Piefigkeit und Wurstigkeit folgen könnte. Eine jüngst gestartete Initiative des Berliner Bürgermeisters und Kultursenators Michael Müller, einen Teil der Räume der Bedeutung Berlins zu widmen, hatte da zuletzt für mulmige Gefühle gesorgt.
Neil MacGregor wird der Dritte im Bunde sein, um zusammen mit Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, und Horst Bredekamp, Kunsthistoriker der Humboldt-Universität, an der Konzeption der Inhalte zu arbeiten, die ab 2019 im Neubau am ehemaligen Schlossstandort zu sehen sein sollen. Dass er nur für zwei Jahre bestellt ist, nebenher noch andere Museen berät, dämpft die Erwartung ein wenig. Wenn die Objekte aus dem Ethnologischen Museum in Dahlem, aus dem Museum für Asiatische Kunst dort und aus der Humboldt-Universität tatsächlich am Humboldt-Forum zu sehen sein werden, ist MacGregor – der gerade durch seinen Umgang mit dem konkreten Gegenstand zu überzeugen wusste – nicht mehr dabei.
Wie viele Weichen aber davor schon zu stellen sind, davon vermittelte in den letzten Jahren das Humboldt Lab in Dahlem eine Ahnung. Vor den Museen selbst waren es oft die zeitgenössischen Künstler, die über die Aneignung der fremden Kulturen in der Kolonialzeit und deren Bedeutung für die Moderne einen kritischen Diskurs entfachten.
Eine Frage ist also: Wie bekommt man den Bogen hin zwischen den historischen Sammlungen und gegenwärtigen Positionen? Wie geht man damit um, dass die Stärken der Sammlungen oft einen Spiegel des politischen Engagements in der Kolonialzeit darstellen? Soll das Museum der Europäischen Kulturen, wie bisher geplant, in Dahlem bleiben? Oder müsste nicht vielmehr von Europa als dem Akteur, der die Sammlungen aus vielfältigen Interessen – die von der Wissenslust der Humboldts über die Eroberungen der Kolonialzeit bis zu wirtschaftlichen Aspekten zurückgehen – anlegte, immer miterzählt werden?
Der Klärungsbedarf ist groß, und daran gemessen, sind zwei Jahre Amtszeit nicht viel.
KATRIN BETTINA MÜLLER