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REALISMUS„Elser“ -Film in der Kritik

Nach Auschwitz ein Gedicht zu schreiben, ist barbarisch“, notiert Theodor W. Adorno 1949. Der Frankfurter Professor wendet sich damit gegen die Geschichtsvergessenheit vieler Deutscher, die nach 1945 nicht daran erinnert werden wollen, was ihre Mehrheit in den Jahren des Nationalsozialismus getrieben hat. Kunst und Kultur dürften nicht als dekorativer Blumenstrauß missbraucht werden, so Adorno, um den Verbrechern von gestern das Leben im Heute zu verschönen.

Was wurde seither über den Sinn eines solchen Diktums diskutiert. Aber auch auf der anderen Seite über Realismus und Betroffenheitskitsch, wenn es darum ging, den „offiziellen Antifaschismus“ in naturalistisch anmutenden Historienpoduktionen durch autoritäres Nacherzählen nacherleidbar und mainstreamtauglich zu machen.

Das scheint lange zurück, wie man an Filmen wie Quentin Tarantinos „Inglourious Basterds“ (2010) sehen kann, die sich in surrealer und satirischer Zuspitzung dem Komplex Nationalsozialismus, Widerstand und Antisemitismus nähern. Tarantino setzt dabei ganz auf die Stärkung einer (antifaschistischen) Haltung, die jedoch schon ein gewisses Geschichtswissen voraussetzt. Und um ein solches bemühen sich Produktionen wie Oliver Hirschbiegels „Elser“.

Der erzählt historisch genau die Biografie des Hitlerattentäters Johann Georg Elser. Sein differenzierter Spielfilm macht das System des NS erfahrbar, lässt Menschen wie Elser aus dem Schatten treten. Widerstand war möglich, auch ohne adliger General gewesen zu sein. Wer dies mit dem versnobten Hinweis negiert, er könne keinen realistisch dargestellten Hitler mehr sehen, sollte es vielleicht noch einmal mit Lyrik probieren. FAN

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