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Archiv-Artikel

Bombodrom-Gegner hoffen auf Zermürbung

Hunderte protestieren an Neujahr gegen das geplante Militär-Übungsgelände in der Ruppiner Heide

BERLIN taz/dpa ■ Sie spazieren durch den Schneeregen und schwenken Plakate, ein erprobtes Ritual. „Das ist die 107. Protestwanderung gegen das Bombodrom. Wir hoffen, dass nun endlich der Durchbruch kommt“, sagt Benedikt Schirge. Er ist Sprecher der Bürgerinitiative Freie Heide, die gegen die Pläne der Bundeswehr ankämpft. Zu Hunderten versammelten ihre Anhänger sich am Neujahrstag im brandenburgischen Schweinrich – mit einem Anliegen, das derzeit viele Unterstützer findet.

Seit 1992 tobt der Streit, wie das Gebiet in der Kyritz-Ruppiner Heide genutzt werden soll. Die Bundeswehr möchte auf dem 14.000-Hektar-Areal Bombenabwürfe und Tiefflüge trainieren. Vor Ort aber hat sich eine rührige Protestbewegung etabliert. Die Kritiker fürchten nicht nur, dass der Militärlärm die Anwohner belästigt. Sie sorgen sich auch um den Tourismus – immerhin eine der wenigen Zukunftsbranchen in dieser strukturschwachen Region. Auch die Landtage von Brandenburg, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern lehnen das Vorhaben ab. So stimmten Mitte Dezember Abgeordnete aller Fraktionen im Schweriner Landtag für einen Antrag, der sich gegen die Nutzung des Gebiets für militärische Zwecke ausspricht.

Überhaupt gerieten die Bundeswehr-Pläne in der letzten Zeit gleich an mehreren Fronten in Bedrängnis. Ende Juli hatte das Verwaltungsgericht Potsdam entschieden, dass das Bundesverteidigungsministerium den Luft-Boden-Schießplatz nicht in Betrieb nehmen darf. Es ist allerdings noch unklar, ob das Urteil einer Berufung standhält. Klagt sich die Bundeswehr durch die Instanzen, könnten bis zur endgültigen Entscheidung fünf bis sechs Jahre vergehen.

Rückhalt erhalten die Bombodrom-Kritiker auch vom Bundesrechnungshof. Seit Jahren laste die Luftwaffe ihre Übungsplätze für Luft-Boden-Kampfeinsätze nicht aus, konstatierte er im November in einem Schreiben. „Zuletzt flog sie nur noch ein Drittel der geplanten Übungen“, so die Prüfer. Trotzdem halte das Militär daran fest, für rund 270 Millionen Euro die Kapazitäten auszuweiten, kritisieren die Prüfer des Bundesgerichtshofs. Zwar erwähnen sie in dem Schreiben nicht explizit das „Bombodrom“. Sie sprechen sich aber klar gegen jegliche Erweiterung der Luft-Boden-Übungsmöglichkeiten aus, für die der Bundeswehr derzeit zwei Plätze zur Verfügung stehen.

Die Menschen, die sich an diesem Neujahrstag zum Protestmarsch zusammenfanden, treibt also vor allem eine Hoffnung: dass die Bundeswehr, zermürbt von so vielen Einwänden, ihr Vorhaben vielleicht schon bald von sich aus fallen lässt. COSIMA SCHMITT