: Jukebox
Verlocken, verlassen. Kennt der Cowboy alles gut
Diese CD enthält ein wirklich cooles weibliches „Yeah“. In „Lady Bird“ singt Nancy Sinatra zunächst hell und klar darüber, wie schön es ist, mit einem Mann durch die Lüfte zu fliegen – „Kissed the sun / Touched the moon“ –, dann kippt der begleitende Bläsersatz ins Dunkle: „But he left me much too soon / His Lady Bird“. Es antwortet die warme, tiefe Stimme Lee Hazlewoods: „Lady Bird / Come on down…“ Aber Nancy Sinatra reagiert erst nicht. Dreimal muss Hazlewood locken, dann horcht sie auf. Lee: „Lady Bird!“ Nancy: „Ha?“ Lee: „Come on down!“ Nancy: „Yeah!“ – Und dieses raue, gutturale „Yeah“ ist das, worauf alles hinausläuft: das Glück, der Verlustschmerz und am Schluss zwei Stimmen, die gemeinsam durch die Lüfte segeln. Ein großer Popmoment.
Die Sammel-CD „The Cowboy and the Ladies“ enthält die Duette, die Lee Hazlewood mit verschiedenen Gesangspartnerinnen eingespielt hat – Perlen des alten, immer neuen Spiels zwischen den Geschlechtern. Oft streifen die Stücke das Tragische, um sich dann doch noch – aber erst im letzten Moment! – ins Helle zu wenden. Mit der Zusammenarbeit mit Nancy Sinatra ging Hazlewood in die Musikgeschichte ein. Für sie schrieb er auch den Smash-Hit „These Boots Are Made For Walking“, versehen mit dem Rat, sie solle es singen wie eine „16-Jährige, die Lkw-Fahrer fickt“. Was die Tochter von Ol’ Blue Eye Frank Sinatra ja auch gut umgesetzt hat.
Die anderen Partnerinnen sollte man auch nicht unterschätzen. Das Spiel von Verlockung, Erfüllung und Verlassenwerden spielt der 2007 verstorbene Hazlewood noch mit Suzie Jane Hokom, Ann-Kristin Hedmark, Nina Lizell und Ann-Margret durch. Wie man aus der Sache einigermaßen gut herauskommt, hat er wiederum mit Nancy Sinatra klassisch eingesungen, in „Friendship Train“.
In einem späten Interview wird Hazlewood gefragt: „Ihre Songs gelten als sehr dunkle, bedrohliche Werke…“ Und Hazlewood, der weise Womanizer, der alles erlebt hat, antwortet: „Ehrlich gesagt: Je dunkler und bedrohlicher meine Songs wurden, desto mehr habe ich sie wie Comics betrachtet, wie überzogene Karikaturen.“ Tatsächlich gehen diese Duette mitten rein in die Klischees – aber doch so, dass die wahre Empfindung immer hindurchscheint. Bei allen Schmerzen, die sie sich zufügen, können Männer und Frauen über ihre Verletzungen immer noch gemeinsam singen! Außerdem hat die CD ein wirklich lustiges Rückcover. DIRK KNIPPHALS