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Archiv-Artikel

Vom Monarchen zum Bürgerkönig

Spanien hat einen neuen Klingelton: „Warum hältst du nicht die Klappe?“, quäkt es aus den Handys. Es ist die Stimme von König Juan Carlos I., wie er beim letzten iberoamerikanischen Gipfel Venezuelas Präsident Hugo Chávez zusammenstaucht.

König Juan Carlos I., der am 5. Januar seinen 70. Geburtstag feiert, kann diese Popularität gebrauchen. Die letzten Monate waren unerfreulich. Linke und nationalistische Demonstranten verbrennen in Katalonien Fotos des Monarchen und der Königin Sofia, und ein Sprecher von Cope, dem Radiosender der Bischofskonferenz, fordert den Rücktritt von Juan Carlos zugunsten seines Sohnes Prinz Felipe. Er habe Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero bei den gescheiterten Verhandlungen mit der baskischen Separatistengruppe ETA unterstützt, lautet der Vorwurf.

Auch privat gibt das Königshaus Anlass zur Kritik. Der Verschwendung beschuldigt, musste der Monarch einen Finanzverwalter ernennen. Auch um die Vorbildfunktion der Königsfamilie im katholischen Spanien ist es nicht gut bestellt. Zuerst mussten die Monarchisten vor knapp vier Jahren mit Fernsehreporterin Letizia eine Bürgerliche als Frau von Kronprinz Felipe akzeptieren. Und im November trennte sich die älteste Tochter von Juan Carlos und Sofia von ihrem Mann.

Doch das wird am 70. Geburtstag des Monarchen kaum eine Rolle spielen. Nicht nur das offizielle Spanien wird die Verdienste von Juan Carlos I. um die Demokratie in den Vordergrund stellen. Dabei war er als junger Prinz von Asturien nach dem Tode des Diktators Francisco Franco 1975 weder bei der Linken noch bei der Rechten beliebt. Den einen galt der Enkel des in den 30er-Jahren gestürzten Monarchen Alfonso XIII. als Kasperl, der die Macht der Franco-Riege auch nach dem Tod des Generalísimo absichern sollte. Die anderen wollten sich des jungen Königs genau dafür bedienen.

Juan Carlos sollte alle überraschen. Der König, der im Exil geboren wurde und erst zur Schul-, Universitäts- und Militärausbildung nach Spanien zurückgekehrt war, verstand es geschickt, sich mit reformbereiten Kräften des alten Regimes zu umgeben. Es begann der Übergang zur Demokratie.

Den schwersten Augenblick seiner Amtszeit stand Juan Carlos am 23. Februar 1981 durch, als ein Teil der Armee putschen wollte. Das Parlament wurde von der Guardia Civil besetzt. Der König trat in Uniform des Oberbefehlshabers vor die Kamera und sprach sich für die Verfassung aus. Der Putsch brach zusammen. Tags darauf gingen über eine Million Menschen für die Demokratie auf die Straße. Aus dem Monarchen war endgültig ein Bürgerkönig geworden. REINER WANDLER