: „Wir sind ein friedliches Land gewesen“
Kenianer aus dem Norden und dem übrigen Deutschland versammeln sich in Bremen zu einem Ratschlag über die Lage in ihrer Heimat. Sie wollen über politische und Stammesgrenzen hinweg ein Ende der Gewalt fordern
taz: Frau Nyapada Selker, in Bremen wollen sich heute Kenianer versammeln. Wozu?Rosebelle Nyapada Selker: Wir wollen, dass die ganze Welt sieht, dass die Menschen in Kenia sterben. Wir wollen unsere Stimme erheben, damit das aufhört. Wir haben so viele Jahre mit den ganzen verschiedenen Stämmen friedlich zusammengelebt, und jetzt herrscht nur noch Chaos.
Überrascht Sie die Gewalt?
Ja, völlig, und ich glaube, das geht allen Kenianern so. Wir sind immer ein ganz friedliches Land gewesen. Ich habe nie geglaubt, dass so etwas passieren könnte.
Was hören Sie aus der Heimat?
Ich habe mit meinen Eltern in Kisumu telefoniert. Dort gibt es seit dem 29. Dezember nichts zu essen. Man kann kein Geld aus dem Automaten holen. Die Geschäfte haben zu. Es ist schlimm.
Wer wird heute in Bremen zusammenkommen?
Kenianer aus ganz Deutschland und ihre Freunde. Es werden Angehörige verschiedener ethnischer Gruppen sein. Wir Kenianer hier in Europa und Amerika haben keine Probleme mit den Anderen. Ich selbst bin Luo und meine besten Freunde sind Kikuyus. Und das ist in Kenia früher auch immer so gewesen. Ich verstehe nicht, was da in den letzten Tagen los ist.
Werden Anhänger verschiedener Parteien dabei sein?
Ich denke schon. Es geht heute nicht darum, wer Anhänger oder Gegner von Präsident Kibaki ist. Wir wollen Frieden für Kenia.
Muss neu gewählt werden?
Eine Neuauszählung würde nichts bringen, weil Stimmzettel gefälscht wurden. Aber niemand hat Lust, noch einmal zu wählen. Es entsteht der Eindruck, dass Demokratie nur ein Wort ist und nicht ausgeübt wird. Wenn die UN sich einschalten, kann es eine Lösung geben.
Kann man hier etwas tun?
Das ist schwierig. Erstmal wollen wir heute friedlich auf die Straße gehen, weil wir sehr traurig sind. Seinen Nachbarn umzubringen, nur weil der zu einem anderen Stamm gehört – das ist unmenschlich, das ist unverzeihlich. Am Montag soll die Schule in Kenia wieder beginnen – wie soll das gehen? INTERVIEW: JANK
Treffen: Samstag, 18 Uhr, im Tropicana Restaurant, Gröpelinger Heerstraße 265, 28239 Bremen