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Archiv-Artikel

Keine Einigung – aber auch keine Streiks

Im Bahn-Tarifstreit wollen Management und Lokführergewerkschaft GDL am Dienstag weiterverhandeln. Beide Seiten sind optimistisch, rasch zu einem Abschluss zu kommen. GDL-Vorsitzender Manfred Schell hält sich die Streikoption aber offen

BERLIN rtr/afp/ap ■ Eigentlich sollte am Montag gestreikt werden: Die Lokführergewerkschaft GDL hatte erklärt, den Personen- und Güterverkehr lahmlegen zu wollen, sollten die Tarifverhandlungen mit dem Bahn-Management scheitern. Nun verzichtet die GDL auch ohne abschließende Einigung darauf.

Nach mehrstündigen Gesprächen mit der Bahn-Führung und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) zeigte sich GDL-Chef Manfred Schell am Wochenende zuversichtlich, den seit März laufenden Konflikt bis Monatsende endgültig beizulegen. Einen Durchbruch gab es nach Angaben von Tiefensee und GDL in der zentralen Frage eines eigenen Tarifvertrages für die Lokführer.

Auf beiden Seiten sei ein klarer Wille erkennbar, innerhalb der nächsten Tage zu einer Einigung zu kommen, sagte Tiefensee. Das Vertrauen zwischen Bahn und Lokführergewerkschaft sei deutlich gewachsen. „Wir haben die Uhr angehalten.“ Das bedeute auch, dass Streiks grundsätzlich weiter denkbar seien. Er sei jedoch „vorsichtig optimistisch“, dass es auch ohne Arbeitskampf zu einer Einigung komme.

Auch Schell glaubt nicht, dass die Gespräche noch scheitern: „Wir befinden uns auf einem guten Weg und hoffen, dass wir den Endspurt auch bald abschließen werden“, sagte er. Bereits am Dienstag könne es ein Ergebnis geben. Die Streikdrohung bleibe aber: „Ich bin schon so oft enttäuscht worden auf dem letzten Meter. Von daher halte ich mir alle Optionen offen.“ Neben der Lohnfrage seien auch bei der Arbeitszeit noch Fragen offen.

Unklar blieb, wie der Hauptstreitpunkt eines eigenständigen Tarifvertrages für die Lokführer ausgeräumt wurde. GDL-Sprecher Maik Brandenburger sagte lediglich, diese über Monate strittige Frage sei im Sinne der GDL gelöst worden. Details blieben offen. Die Bahn wollte einen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer verhindern, weil sie um die Tarifeinheit im Unternehmen fürchtete. Am Dienstag soll an einem geheimgehaltenen Ort weiterverhandelt werden, um eine Einigung über die Bezahlung zu finden.

Die Bahn-Gewerkschaft Transnet lehnt eine Stellungnahme vorerst ab. Ihr Chef Norbert Hansen hatte mit Nachforderungen und Streiks gedroht, falls die GDL einen besseren Abschluss erreicht als seine Tarifgemeinschaft mit der GDBA, die im Sommer 4,5 Prozent über 19 Monate erreicht hatte.

Der GDL hatte die Bahn zwischenzeitlich Lohnerhöhungen von bis zu 13 Prozent einschließlich Überstundenvergütung angeboten und war damit auf die Lohnforderung der Gewerkschaft von mindestens 10 Prozent eingegangen. Nach dem zwischenzeitlichen Abbruch der Gespräche durch die GDL kurz vor Weihnachten hatte die Bahn-Führung alle Angebote aber wieder zurückgezogen.

Um einen eigenständigen Tarifvertrag und Lohnerhöhungen von zunächst geforderten 31 Prozent durchzusetzen, hatte die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer im vergangenen Jahr mehrfach gestreikt – tausende Züge waren im Regional- und Fernverkehr ausgefallen.