CDU-Mehrheit in Hamburg wackelt

Union verliert, SPD legt zu: Laut einer neuen Umfrage muss Ole von Beust um sein Bürgermeister-Amt bangen. Wahlforscher hält Schwarz-Grün für gefährlich. In Niedersachsen liegen CDU und FDP auch weiterhin vorn

Sieben Wochen vor der Bürgerschaftswahl in Hamburg muss die allein regierende CDU mit noch stärkeren Verlusten rechnen als bislang gedacht. Laut einer Infratest Dimap-Umfrage im Auftrag des NDR kommt die CDU auf 40 Prozent, die SPD auf 35, die Grünen auf 11, die Linkspartei auf 6, die FDP auf 4 Prozent. Damit verliert die Union im Vergleich zu früheren Umfragen weiter, die SPD legt zu. „Da ist noch Musik drin“, sagte Richard Hilmer von Infratest Dimap zur taz. Wegen der „linken Mehrheit“ im traditionell SPD-regierten Hamburg sieht er die CDU-Regierung wackeln. Im Vergleich zur vergangenen Wahl verliert die Union sieben Prozentpunkte.

Die „spannende Frage“ ist für Hilmer, „ob es der CDU gelingt, Bürgermeister Ole von Beust als Hauptargument für die CDU zu etablieren“. Bei einer Direktwahl würden sich 53 Prozent der Wahlberechtigten für von Beust entscheiden, nur 35 Prozent für seinen SPD-Herausforderer Michael Naumann. Dennoch sind 48 Prozent der Hamburger für einen SPD-geführten Senat, 45 Prozent wollen lieber die CDU am Ruder.

Bei der Beurteilung möglicher Koalitionen liegt Rot-Grün, also ein Senat aus SPD und Grün-Alternativer Liste (GAL), mit 23 Prozent vorn, gefolgt von 17 Prozent für eine Koalition aus CDU und SPD. Für eine Zusammenarbeit von CDU und GAL sind immerhin noch sieben Prozent. Hilmer hält diese Koalitionsoption „für nicht ganz ungefährlich“ für CDU und Grüne: Sie treibe Unions-Wähler zur FDP, GAL-Anhänger zur SPD. Eine Kooperation von SPD, Grünen und Linken schade den Parteien auf Bundesebene, sagt der Demoskop: Die Linke von Ex-SPD-Chef Oskar Lafontaine stehe bei SPD- wie Grünen-Wähler im Westen weiter für „Parteiverrat“.

Für die Wahl am 27. Januar in Niedersachsen zementierte Infratest Dimap hingegen den Trend vergangener Umfragen: Schwarz-Gelb unter Ministerpräsident Christan Wulff (CDU) kann danach weiter regieren. Die CDU sackt zwar im Vergleich zur Landtagswahl 2003 um gut drei Prozentpunkte ab, bliebe aber mit 45 Prozent stärkste Partei. Die SPD erreicht mit 33 Prozent etwa ihr altes Ergebnis, die Grünen erzielen acht, die FDP sieben Prozent. Die Linkspartei kommt mit drei Prozent der Stimmen nicht in den Landtag.

„Die SPD hat es noch nicht verstanden, einen Angriffspunkt bei der CDU zu finden“, erklärt Wahlforscher Hilmer.

Die von der CDU geführte Debatte um das Jugendstrafrecht hält er für stärker mobilisierend als die SPD-Kampagne um den Mindestlohn. Dennoch sieht Hilmer das Rennen für SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner noch nicht als verloren an.

Einerseits gebe es immer noch 30 Prozent Unentschlossene, die noch nicht wissen, wo sie ankreuzen sollen. Andererseits könnte sich durch einen Überraschungssieg Jüttners beim Fernsehduell im NDR am 23. Januar noch Verschiebungen ergeben. Hilmer: „Wir wissen von den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein, aber auch von den Parlamentswahlen in Polen, dass solche Duelle Umfragen kippen können“. KAI SCHÖNEBERG