OFF-KINO
: Filme aus dem Archv – frisch gesichtet

In „Die amerikanische Nacht“, seinem Film über das Filmemachen, sagt François Truffaut in der Rolle des Regisseurs, dass die Arbeit eines ebensolchen einfach darin bestünde, „hübsche Frauen hübsche Dinge machen zu lassen“. In seinem 1959 entstandenen Erstlingswerk „Sie küssten und sie schlugen ihn“ war Truffaut von diesem Credo allerdings noch weit entfernt: Schonungslos und direkt erzählt der Film von der unglücklichen Kindheit und den kleinkriminellen Eskapaden des vom damals 14-jährigen Jean-Pierre Léaud gespielten Antoine Doinel, einer Art Alter Ego des Regisseurs. In Filmen wie „Geraubte Küsse“ (1968) und „Liebe auf der Flucht“ (1978) verfolgte Truffaut die Entwicklung dieser Figur und präsentierte die Irrungen, Wirrungen und Liebeshändel des erwachsenen Doinel, der langsam zum sympathischen Schlawiner heranwächst, schließlich deutlich unbeschwerter in einem leichteren Tonfall. Zu sehen ist dies zurzeit im Lichtblick-Kino, das im Januar eine Retrospektive mit Werken des 1984 verstorbenen französischen Regisseurs zeigt. Besonders erwähnenswert ist dabei der nur selten gespielte Film „Die süße Haut“ (1964), die bittere Charakterstudie eines egozentrischen Literaturkritikers (Jean Desailly), der sowohl seine Frau als auch seine Geliebte unglücklich macht und dafür schließlich die Quittung erhält. Truffaut legte die Geschichte um den farb- und mutlosen Bourgeois in deutlichem Gegensatz zum Romantizismus seines Klassikers „Jules und Jim“ (1961) an und verschwendet seine Sympathie eindeutig an die weiblichen Hauptfiguren.

Die Mitte der 1960er Jahre veröffentlichte Kurzgeschichte „Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ von Yasutaka Tsutsui gehört in Japan zu den Klassikern der Jugendliteratur und diente bereits mehrfach als Vorlage für Filme und Fernsehserien. Mit seinem 2006 entstandenen gleichnamigen Anime hat sich Regisseur Mamoru Hosada an eine Neuinterpretation gewagt: Von Tsusuki ursprünglich eher als Science-Fiction-Liebesgeschichte gedacht, dient der Plot um eine 17-jährige Schülerin, die plötzlich durch die Zeit reisen kann, nun einem didaktischeren Ziel. Denn die oft unschlüssige und ungeschickte Makoto verwendet ihre zufällig erworbene Gabe auf sehr egozentrische Weise: Sie versucht, mit kleinen Zeitsprüngen ihre Peinlichkeiten und Unfälle ungeschehen zu machen und sich um unangenehme Entscheidungen zu drücken. Erst spät bemerkt sie, dass ihr Eingreifen in den Zeitablauf für Freunde und Mitschüler böse Folgen haben kann.

Mit der Frage nach dem „Warum“ entdecken Kinder die Welt und können Erwachsene manchmal auch ganz schön in Verlegenheit bringen. So auch der kleine Kiriku in Michel Ocelots von westafrikanischen Märchen inspiriertem Zeichentrickfilm „Kiriku und die Zauberin“ (1998): Er stellt mit seinen Fragen nämlich die Rollenklischees und den traditionellen Aberglauben seiner Dorfgemeinschaft in Frage. Ein Film in schönen warmen Erdfarben, der sich in seinem Design ein wenig an naiver Malerei orientiert. LARS PENNING

„Sie küssten und sie schlugen ihn“ (OmU) 10./12.–16. 1., „Geraubte Küsse“ (OmU) 12.–13. 1., „Liebe auf der Flucht“ (OmU) 28–30. 1. „Jules und Jim“ 14.–16. 1., „Die süße Haut“ (OmU) 14.–16. 1. im Lichtblick

„Das Mädchen, das durch die Zeit sprang“ 10.–16. 1. im fsk

„Kiriku und die Zauberin“ 12. 1. im Babylon Mitte